Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung. Anfechtung der Personalratswahl
Leitsatz (amtlich)
1. Wurden bei der schriftlichen Stimmabgabe Wahlbriefumschläge nach der Verschließung und Absendung durch den Wähler und vor deren Öffnung und der Einlegung der Wahlumschläge in die Wahlurne durch den Wahlvorstand von einem Unbefugten geöffnet und wieder verschlossen, so liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren vor.
2. Es bleibt offen, ob im Bereich der Deutschen Bundesbahn ein Wahlvorstand durch die Übersendung von Wahlbriefumschlägen, die nicht für eine Rücksendung durch die Deutsche Bundespost freigemacht sind aber als Eisenbahndienstsache an den Wahlvorstand zurückgesandt werden können, das Erfordernis von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BPersVWO erfüllt, wonach den Wählern zur schriftlichen Stimmabgabe auf Verlangen u.a. ein größerer Freiumschlag zu überlassen ist.
Normenkette
BPersVG § 25; BPersVG/BPersVWO § 17 Abs. 1; BPersVG/BPersVWO § 18 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 15.09.1982; Aktenzeichen PVS 21/82) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. September 1982 – PVS 21/82 – geändert. Die vom 4. bis 6. Mai 1982 durchgeführte Wahl des Personalrats des Bahnhofs … wird hinsichtlich der Gruppe der Beamten für ungültig erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Antragstellerin ficht die Wahl des Personalrats in der Beamtengruppe an.
In der Zeit vom 4. bis 6.5.1982 wurde der aus sieben Mitgliedern bestehende Personalrat des Bahnhofs … gewählt. In der Beamtengruppe waren sechs Mitglieder zu wählen, in der Arbeitergruppe ein Mitglied. Es standen in der Beamtengruppe zwei Wahlvorschläge zur Wahl, ein Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands – GdED –” und ein Wahlvorschlag mit dem Kennwort „GDBA/GDL/CGDE”. Die Wahl hatte in der Beamtengruppe folgendes Ergebnis:
Wahlberechtigte |
220 |
|
abgegebene Stimmzettel |
220 |
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ungültige Stimmzettel |
9 |
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gültige Stimmzettel |
211 |
|
GdEd |
94 |
Stimmen |
GDBA/GDL/CGDE |
117 |
Stimmen |
|
211 |
Stimmen |
Der Wahlvorstand hatte für die dem Bahnhof … nachgeordneten Stellen gemäß § 19 BPersVWO die schriftliche Stimmabgabe angeordnet. Ausweislich der Wahlniederschrift betrug in der Beamtengruppe die Zahl der Briefwähler 80. Der Wahlvorstand erklärte von jeder der beiden Listen drei Bewerber als gewählt. Das Wahlergebnis wurde entsprechend bekanntgemacht.
Von den neun ungültigen Stimmzetteln waren sieben deshalb ungültig, weil beide Wahlvorschläge angekreuzt waren. Ein Stimmzettel war ohne Kennzeichen eines Wahlvorschlags durchstrichen, ein weiterer Stimmzettel war unverändert.
Die schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) war in der Weise durchgeführt worden, daß den Briefwählern zur Einbringung der vorgeschriebenen Erklärung und der Wahlumschläge mit den ausgefüllten Stimmzetteln ein größerer verschließbarer Umschlag (Wahlbriefumschlag) übergeben wurde mit der Aufschrift: „Schriftliche Stimmabgabe”.
An den örtlichen Wahlvorstand bei dem … Den Briefwählern war es überlassen, den Wahlbriefumschlag als Eisenbahndienstsache (EDS) dem Wahlvorstand zu übermitteln. Zu diesem Zweck konnte der verschlossene Wahlbriefumschlag wie ein „EDS-Briefumschlag” auf den bahneigenen Versandweg gebracht werden. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes hat den Briefwählern auf Wunsch Briefmarken übergeben, die auf die Wahlbriefumschläge geklebt, so daß diese zur Post gegeben werden konnten. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes hat ferner an Beschäftigte, die nach seiner Auffassung keine Möglichkeit hatten, ihre Wahlbriefe mittels EDS zurückzusenden (Kranke oder in Urlaub Befindliche), entsprechende Freiumschläge übersandt. Sieben Wahlbriefumschläge wurden dem Wahlvorstand mit Briefmarken versehen auf dem Postwege zugeleitet.
Dem Wahlvorstand ist nach der Wahl aufgefallen, daß eine ganze Reihe von Wahlbriefumschlägen Spuren aufweisen, die auf eine zweite Verschließung hindeuten. Die Wahlbriefumschläge der Beamten … zeigen Spuren einer Naßverklebung bzw. verschmierten Klebstoffs. Bei den Wahlbriefumschlägen der Beamten … sind die Verschlußklappen mit durchsichtigem Klebeband überklebt. Diese sieben Wahlbriefumschläge zeigen zusätzlich von innen Spuren auf, die auf eine nachträgliche Öffnung nach dem ersten Verschließen hindeuten. Ferner sind die Verschlußklappen der Wahlbriefumschläge der Beamten … mit durchsichtigem Klebeband überklebt. Der über die Post dem Wahlvorstand zugeleitete Wahlbriefumschlag des Beamten … weist ebenfalls Spuren auf, die von einem Öffnen nach dem ersten Verschließen herrühren können.
Die antragstellende Gewerkschaft hat durch ihren Bezirk Stuttgart am 19.5.1982 beim Verwaltungsgericht Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen – das Wahlanfechtungsverfahren eingeleitet. Sie hat beantragt, die vom 4. bis 6.5.1982 durchgeführte Wahl zum Personalrat des Bahnhofs … in der Beamtengruppe für ungültig zu erklären. Sie hat die Erklärungen der Wähler … vorgelegt, nach ...