Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Anordnung. Streitgegenstand. Unterkunftskosten. Bewilligungszeitraum. Anordnungsgrund. Nachholbedarf. Drohender Verlust der Wohnung. Maßgeblicher Zeitpunkt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat das Sozialgericht einen Eilantrag auf Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur vorläufigen Zahlung von höherem Arbeitslosengeld II für einen bestimmten Bewilligungszeitraum abgelehnt, kann der Betroffene im Beschwerdeverfahren nicht geltend machen, im stünden in einem anderen, späteren Bewilligungszeitraum höhere Leistungen zu.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Eilbedürftigkeit ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 2 S. 2; SGB II § 22; ZPO § 114

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 24.02.2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung von (weiteren) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Antragstellerin (ASt) bezieht seit Juni 2010 Alg II vom Antragsgegner (Ag), die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Tochter Sozialgeld. Bei Antragstellung gab die ASt an, die Miete für das von ihr und ihrer Tochter bewohnte Haus mit 155 qm betrage 950 € zzgl kalter Nebenkosten von 130 € und Heizkosten von 120 € jeweils monatlich. Bei einer Vorsprache am 17.06.2010 erklärte sie sich damit einverstanden, dass vom Ag von Beginn an nur die angemessenen Unterkunftskosten iHv 355 € als Bedarf anerkannt würden.

Mit Bescheid vom 22.09.2010 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2011 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2011) wurden Leistungen für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.10.2010 bewilligt. Über eine dagegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az S 9 AS 198/11, wurde bislang noch nicht entschieden.

Mit Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.02.2011, 28.03.2011 und 07.04.2011 bewilligte der Ag Leistungen für die Zeit 01.11.2010 bis 30.04.2011. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei für die Zeit vom 15.01.2011 bis 31.01.2011 der ASt und ihrer Tochter insgesamt 253,99 € und für die Zeit ab 01.02.2011 monatlich insgesamt 504,75 € bewilligt. Ab dem 01.02.2011 stellte der Ag die Leistungsgewährung vorläufig ein. Ab dem 15.02.2011 nahm er die Leistungsgewährung wieder auf und gewährte die zuvor enthaltenen Leistungen nach.

Mit Bescheid vom 07.04.2011 bewilligte der Ag Leistungen für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011.

Am 24.05.2011 ging beim Ag ein Widerspruch der ASt ein, mit der sie sich allgemein gegen die zu gering gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung wandte und für die Dauer von sechs Monaten ab dem 15.01.2011 die Übernahme der vollen Unterkunftskosten forderte. Der Ag verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2011 als unzulässig, weil er im Hinblick auf den Bescheid vom 07.04.2011 als verfristet anzusehen sei.

Bereits am 07.02.2011 hat die ASt beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und sich gegen die vorläufige Zahlungseinstellung gewandt, sowie die Gewährung der beantragten Kosten der Unterkunft begehrt. Ein entsprechender Antrag hinsichtlich der Unterkunftskosten sei am 17.06.2010 gestellt worden. Ihr Ehemann habe die Wohnung geräumt und sie müsse die Kosten alleine tragen. Im Hinblick auf eine Erklärung der ASt vom 17.06.2010 seien ihr insofern jedenfalls 355 € nebst Neben- und Heizkosten zu bewilligen.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 24.02.2011 abgelehnt. Nachdem die vorläufige Einstellung der Leistungen wieder aufgehoben worden sei, fehle insofern ein Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung fehle es an einem Anordnungsgrund, da nicht ersichtlich sei, dass eine Wohnungslosigkeit oder eine vergleichbare Notlage drohe. Eine Verbescheidung im Verwaltungsverfahren sei abzuwarten, da erstmalig mit Schriftsatz vom 01.02.2011 vorgetragen worden sei, dass der Ehemann die Mietkosten nicht mehr trage.

Gegen diesen Beschluss hat die ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch unbegründet.

Soweit sich die ASt zunächst auch gegen die vorläufige Zahlungseinstellung ab 01.02.2011 gewandt hat, hat das SG zutreffend darauf verwiesen, dass dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz insofern das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Ag hat ab 15.02.2011 die Leistungsgewährung wieder aufgenommen und die vorenthaltenen Leistungen n...

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