Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Grundleistung. Verpflichtungserklärung hinsichtlich der Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers. einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Befristung. Fortwirkung. Bestimmtheitserfordernis

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Verpflichtungserklärung gem § 68 Abs 1 S 1 AufenthG 2004 handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl VGH München vom 22.2.2008 - 19 C 07.2884). Aufgrund einer solchen Erklärung werden gem § 8 Abs 1 AsylbLG Leistungen nach dem AsylbLG nicht gewährt, soweit der erforderliche Lebensunterhalt anderweitig gedeckt wird.

2. Eine solche Verpflichtungserklärung endet, wenn sie nicht ausdrücklich befristet ist, nach Maßgabe der Auslegung im Einzelfall mit dem Ende des vorgesehenen Aufenthalts oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist (vgl BVerwG vom 24.11.1998 - 1 C 33/97 = BVerwGE 108, 1).

3. Eine Aufenthaltsgestattung gem § 55 Abs 1 S 1 AsylVfG 1992 ist kein Aufenthaltstitel iS des AufenthG 2004, so dass die Verpflichtungserklärung fortwirkt. Die Selbstverpflichtung eines Familienangehörigen enthält eine immanente Begrenzung, so dass der Familienangehörige nicht für eine unbegrenzte Zeit haftet, auch wenn eine Befristung nicht ausdrücklich beigefügt ist. Diese immanente Begrenzung genügt dem Bestimmtheitserfordernis (vgl VGH München aaO).

 

Normenkette

AufenthG § 68 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2004-07-30; AsylVfG 1992 § 55 Abs. 1 S. 1; AsylbLG § 8 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.08.2008 Punkt I und II wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller (ASt) begehren von der Antragsgegnerin (Ag) Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die ASt sind am 03.11.2007 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hielten sich bis 20.02.2008 als Touristen im Bundesgebiet auf. Am 21.02.2008 beantragten sie Asyl und erhielten am gleichen Tag Aufenthaltsgestattungen mit der Gültigkeit bis 21.05.2008. Die Aufenthaltsgestattungen wurden am 01.07.2008 bis 30.12.2008 verlängert. Der Sohn der ASt, W. A. (A) hatte sich mit Erklärung vom 24.08.2007 verpflichtet, ab 01.10.2007 bis zur Beendigung des Aufenthaltes oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck nach § 68 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 AufenthG die Kosten für die Ausreise seiner Eltern zu tragen. Die Verpflichtung umfasste die Erstattung sämtlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufzuwenden sind. Die finanzielle Leistungsfähigkeit wurde von A der Ausländerbehörde gegenüber glaubhaft gemacht.

Auf den Antrag der ASt lehnte die Ag mit Bescheid vom 06.05.2008 die Gewährung von Leistungen nach § 3 ff AsylbLG gemäß § 8 AsylbLG ab, da der Sohn der ASt eine Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG abgegeben habe. Außergewöhnliche Gründe, die eine Ausnahme nach § 8 Abs 2 AsylbLG rechtfertigen würden, seien nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich.

Der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber Z. - Unterkunftsverwaltung - wurde am 06.06.2008 die Übernahme von Krankenhilfe zugunsten der ASt mitgeteilt.

Den gegen den Bescheid vom 06.05.2008 eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2008 zurück. Der Bescheid sei rechtmäßig, da Verpflichtungserklärungen grundsätzlich nicht befristet seien oder sich auf einen bestimmten Aufenthaltstitel beziehen müssten. Von den ASt sei nicht dargetan, dass sie trotz bestehender Verpflichtungserklärung mangels Zuflusses der Unterhaltsleistungen im Bedarfszeitraum nicht in der Lage wären, den erforderlichen Lebensunterhalt ganz oder teilweise zu decken.

Hiergegen haben die ASt am 21.07.2008 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (Az: S 19 AY 16/08), über die noch nicht entschieden ist.

Am 21.07.2008 haben die ASt im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, die Ag zu verpflichten, ab Zuweisung zum 23.04.2008 den ASt die vollen Leistungen gemäß dem AsylbLG zu gewähren.

Mit Beschluss vom 05.08.2008 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht, die ASt hätten nicht geltend gemacht, ihr Sohn würde ihnen keinen Unterhalt leisten. Die Eilbedürftigkeit ergäbe sich auch nicht aus der dringenden medizinischen Behandlungsbedürftigkeit des ASt zu 1), da die Ag bereits vorprozessual Krankenhilfe zugesichert habe. Auch ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, wobei das SG gemäß § 136 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Gründe des Widerspruchsbescheides der Regierung von Mittelfranken verwiesen hat. Die vom Sohn der ASt abgegebene Erklärung sei rechtlich bindend. Außergewöhnliche Umstände, bei denen d...

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