Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Beiordnung eines Rechtsanwalts. Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Merkzeichen G. Intellektuelle Einschränkung
Leitsatz (redaktionell)
Begehrt der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und die Zuerkennung des Merkzeichens G, so ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Prozesskostenhilfe jedenfalls dann nicht notwendig, wenn der Kläger keine Einschränkungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet aufweist.
Normenkette
SGB IX § 2 Abs. 2, § 69 Abs. 1, § 146 Abs. 1; SGG § 73a; ZPO § 121
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 18.09.2006 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 11.08.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
In dem dem Beschwerdeverfahren wegen Gewährung von Prozesskostenhilfe zugrundeliegenden Rechtsstreit begehrt der Beschwerdeführer die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne von §§ 2 Abs.2, 69 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" im Sinne von § 146 Abs.1 SGB IX.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Schwaben vom 05.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 10.03.2006 ist der Grad der Behinderung (GdB) mit 30 bewertet worden. Als Funktionsstörungen hat der Beklagte berücksichtigt: "Funktionsbehinderung des Hüftgelenkes rechts, knöchern verheilter Beckenschaufelbruch rechts".
In den sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Augsburg mit Beschluss vom 11.08.2006 - S 8 SB 261/06 - die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht des Gerichts gemäß §§ 103, 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG i.V.m. § 121 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht erforderlich.
Mit Klagebegründung vom 23.05.2006 (gleichzeitig zu werten als Beschwerdebegründung) haben die Bevollmächtigten des Klägers hervorgehoben, dass der Kläger im Frühjahr 1978 einen schweren Verkehrsunfall erlitten habe, bei dem die Hüfte und das rechte Bein erheblich verletzt worden seien. Seither sei das rechte Bein um mindestens 3 cm verkürzt. Die Hüfte sei weiterhin stark beschädigt. Der Kläger habe in der Hüfte Schmerzen. Er könne nur unter Schmerzen humpelnd gehen. Er müsse eine Gehhilfe in Form von Krücken benutzen.
Mit Beschwerdeschrift vom 18.09.2006 haben die Bevollmächtigten des Klägers weiterhin vorgetragen, dass dem Kläger weder die Anhaltspunkte für die ärztliche Begutachtung noch die Voraussetzungen für die Bewilligung des Merkzeichens "G" bekannt seien. Zu berücksichtigen sei des Weiteren, dass der Kläger weit entfernt vom Sozialgericht Augsburg wohne, so dass auch hier eine Aufnahme der Anträge zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht in Betracht gekommen sei. Des Weiteren seien dem Kläger auch die im Widerspruchsbescheid zitierten Vorschriften nicht bekannt. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger über keinen Schulabschluss verfüge, so dass es dem Kläger schon schwer falle, den Inhalt des Widerspruchsbescheides vollständig zu erfassen, geschweige denn eine Klageschrift zu verfassen.
Die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers stellen sinngemäß den Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 11.08.2006 aufzuheben und ihm unter gleichzeitiger Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt T. V. Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg zu gewähren.
Der Beschwerdegegner hat sich aufgrund des Zeitvorlaufes bislang nicht geäußert.
Das Sozialgericht Augsburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die erstinstanzlichen Akten samt der Behindertenakte des Beschwerdeführers vorgelegt.
II.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig (§§ 73a, 172 ff. SGG i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Eine Beiordnung gemäß § 121 Abs.1 ZPO ist nicht erforderlich, weil in sozialgerichtlichen Verfahren erster und zweiter Instanz eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist.
Weiterhin ist die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gemäß § 121 Abs.2 ZPO in Angelegenheiten nach §§ 2 und 69 SGB IX hier nicht erforderlich. Denn der Ausgang des Verfahrens hängt regelmäßig von dem Ergebnis der Sachverhaltsermittlung im Sinne von §§ 103 ff. SGG ab. Insoweit bedarf es keiner anwaltschaftlichen Vertretung gleichsam als Mittler zwischen einem gegebenenfalls noch zu hörenden ärztlichen Sachverständigen und dem Beschwerdeführer.
Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.12.2001 - 1 BvR 391/01 - stützt das Beschwerdebegehren nicht. In dem dortigen Verfahren ist entscheidungserheblich gewesen, dass die Einschränkungen der intellektuellen Fähigkeiten des dortigen Beschwerdeführers in Hinblick auf dessen Leiden und Beeinträchtigungen auf neurolo...