Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Ablehnung durch Gerichtsbescheid. Antrag auf mündliche Verhandlung. erneute Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
Wird im Gerichtsbescheid zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, beseitigt die rechtzeitig beantragte mündliche Verhandlung auch die Ablehnung von Prozesskostenhilfe. Es ist erneut über Prozesskostenhilfe zu entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe in Ziffer IV. des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Streitig ist die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren am Sozialgericht.
Die Kläger und Beschwerdeführer begehren mit ihrer Klage die Übernahme höherer Kosten für ein Vorverfahren, insbesondere die Erstattung einer Einigungsgebühr nach § 14 RVG, VV Nr. 1005, 1000.
Die Kläger reichten im Mai 2009 eine Betriebskostenabrechnung (einschließlich Heizung und Warmwasser) für ihre Wohnung für das Jahr 2008 ein. In dieser wurde eine Nachzahlung von 1009,32 Euro gefordert. Mit Bescheid vom 11.05.2009 übernahm der Beklagte davon 421,20 Euro. Nach Widerspruch auf volle Übernahme der Nachforderung bot der Beklagte weitere 421,44 Euro an. Dem stimmte der Bevollmächtigte der Kläger zu. Mit Bescheid vom 12.05.2011 wurde dies umgesetzt und die volle Übernahme der Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach verfügt.
In der Kostennote begehrte der Bevollmächtigte der Kläger u. a. auch eine Einigungsgebühr in Höhe von 280,- Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 08.07.2011, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2011 lehnte der Beklagte die Übernahme dieser Gebühr ab. Am 17.08.2011 erhob der Bevollmächtigte deswegen Klage und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.08.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Berufung wurde nicht zugelassen. In Ziffer IV. des Gerichtsbescheids wurde die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Voraussetzungen hierfür seien bei dieser Sachlage nicht gegeben. Eine Rechtsmittelbelehrung zur Prozesskostenhilfeentscheidung enthält der Gerichtsbescheid nicht. Am 06.09.2013 stellte der Bevollmächtigte der Kläger einen Antrag auf mündliche Verhandlung beim Sozialgericht.
Am 17.10.2013 hat der Bevollmächtigte der Kläger gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren Beschwerde eingelegt. Da der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gelte, sei auch die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe hinfällig. Die Beschwerde werde vorsorglich eingelegt.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die Beschwerde gegen Ziffer IV. des Gerichtsbescheids ist als unzulässig zu verwerfen. Der rechtzeitige Antrag auf mündliche Verhandlung hat den Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 3, HS. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insgesamt beseitigt. Es fehlt an einer beschwerdefähigen Entscheidung.
Nach § 172 Abs. 1 SGG ist gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde an das Landessozialgericht statthaft, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist.
Die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe hat grundsätzlich vor der Entscheidung in der Sache durch Beschluss zu erfolgen. Dass die Entscheidung im vorliegenden Fall im Rahmen eines Gerichtsbescheids nach § 105 SGG erfolgte, kann die grundsätzlich statthafte Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht beseitigen (Meistbegünstigungsgrundsatz, vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, Rn. 14 vor § 143).
Das Sozialgericht hat im Ergebnis die Erfolgsaussicht verneint, so dass kein Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der bis 19.10.2013 gültigen Fassung vorliegt. Der Ausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 b) SGG in der ab 20.10.2013 gültigen Fassung der Änderung durch das BUK-NOG, BGBl. I 2013, S. 3836, weil in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte, war zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung noch nicht anwendbar (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Rn. 10e vor § 143).
Der rechtzeitige Antrag auf mündliche Verhandlung hat den Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 3, HS. 2 SGG insgesamt beseitigt.
§ 105 Abs. 3 SGG lautet: "Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen."
Die mündliche Verhandlung wurde rechtzeitig binnen eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beantragt. Der Gerichtsbescheid als solcher gilt als nicht ergangen. Der Wortlaut von § 105 Abs. 3 HS. 2 SGG lässt keinen Spielraum für einen Fortbestand der Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe zu. Ob dies auch für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe gilt, war hier nicht zu entscheiden. Damit fehlt es an einer beschwerdefähigen Entscheidung. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 202 SGG i.V.m. § 572 Ab...