Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. Entstehung der Gebühr bei angesetztem und vom Rechtsanwalt wahrgenommenem Gerichtstermin. Notwendigkeit des Termins nicht maßgeblich. Vergütungshöhe. Berücksichtigung der Verhandlungsdauer
Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für den Anfall der Terminsgebühr Nr 3106 VV RVG (juris: RVG-VV) ist, dass ein (Gerichts)Termin an- und nicht abgesetzt sowie vom Rechtsanwalt wahrgenommen wurde. Ob der Termin notwendig war oder ob das Verfahren auch ohne Terminierung hätte beendet werden können, spielt für die Entstehung der Gebühr keine Rolle.
Orientierungssatz
Auch bei Bestimmung der Terminsgebühr sind die Kriterien des § 14 RVG heranzuziehen. Dabei stellt die Dauer des Termins nur ein, wenn auch wesentliches Kriterium dar.
Tenor
I. Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. Januar 2018 sowie die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27. Juli 2017 abgeändert. Für das Klageverfahren mit dem Az.: S 17 AS 536/16 wird (zusätzlich) eine Terminsgebühr von 100,00 € (zuzgl. Umsatzsteuer) festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren beim Sozialgericht Nürnberg (S 17 AS 536/16).
Gegenstand des Klageverfahrens, in dem die Klägerin durch die Beschwerdeführerin vertreten wurde, war die Höhe der gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Beklagte hatte den Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid wegen Verfristung als unzulässig verworfen, den verfristeten Widerspruch aber als Überprüfungsantrag gewertet. Zeitgleich mit der Klageerhebung beantragte die Klägerin Prozesskostenhilfe, die ihr mit Beschluss vom 11.10.2016 ab Antragstellung unter gleichzeitiger Beiordnung der Beschwerdeführerin gewährt wurde.
Mit Ladung vom 16.02.2017 bestimmte das Gericht einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 14.03.2017. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 13.03.2017 mit, dass aufgrund einer geänderten Sachlage nunmehr dem eigentlichen Begehren der Klägerin auf Gewährung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung mit Bescheid vom 10.03.2017 entsprochen worden sei. Am gleichen Tag übersandte das Gericht der Beschwerdeführerin per Fax das Schreiben des Beklagten mit dem Bescheid vom 10.03.2017 und bat um Mitteilung, ob der Termin vom 14.03.2017 aufgehoben werden könne. Über die Erstattung außergerichtlicher Kosten könne gesondert entschieden werden. Eines Gerichtstermins bedürfe es hierfür nicht. Die Beschwerdeführerin teilte dem Gericht am 13.03.2017 telefonisch mit, dass der Termin bestehen bleiben solle, da der Bescheid vom 10.03.2017 nicht an die Klägerin, sondern deren Sohn adressiert sei, der im streitgegenständlichen Zeitraum mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebte.
Der Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage fand am 14.03.2017 in Anwesenheit sowohl der Klägerin als auch der Beschwerdeführerin statt und dauerte von 11.50 Uhr bis 12.00 Uhr. In dem Termin erklärte die Klägerin das Klageverfahren für erledigt.
Mit Beschluss vom 13.03.2018 entschied das SG, dass außergerichtliche Kosten der Klägerin nicht zu erstatten seien.
Am 20.03.2017 beantragte die Beschwerdeführerin, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 702,10 € festzusetzen. Dabei setzte sie u.a. eine Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 € und eine Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG von 270,00 € an.
Am 27.07.2017 erfolgte eine Festsetzung der Kosten auf 380,80 €. Dabei setzte die Urkundsbeamtin antragsgemäß die Nr. 3102 VV RVG auf 300,00 € und die Nr. 7002 VV RVG (Auslagenpauschale) auf 20,00 € fest. Eine Festsetzung der beantragten Terminsgebühr lehnte die Urkundsbeamtin mit der Begründung ab, der Gerichtstermin sei entbehrlich gewesen. Der Beklagte habe zwischenzeitlich mit Bescheid vom 10.03.2017 den klägerischen Anspruch anerkannt, so dass der Gerichtstermin vom 14.03.2017 nicht habe stattfinden müssen.
Gegen die Nichtfestsetzung der Terminsgebühr hat die Beschwerdeführerin am 03.08.2017 beim Sozialgericht Nürnberg Erinnerung eingelegt. Der Termin sei mitnichten entbehrlich gewesen, da es der Mandantin vorher nicht möglich gewesen sei, die Sachlage direkt mit dem Jobcenter zu klären. Die Terminsgebühr für sei durch Wahrnehmung des Termins entstanden und könne allenfalls ermäßigt werden. Höchst hilfsweise werde beantragt, die Verfahrensgebühr auf 460,00 € festzusetzen. Im Übrigen entstehe auch bei einem Anerkenntnis eine fiktive Terminsgebühr.
Das SG hat die Erinnerung mit Beschluss vom 09.01.2018 zurückgewiesen. Die Festsetzung einer Terminsgebühr sei zu Recht abgelehnt worden. Ein Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse komme nur insoweit in Betracht, als die geltend gemachten Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) notwendig waren (vgl. hierzu Müller-Rabe in Gerold/Schm...