Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. kein Anfall einer Besprechungsgebühr bei telefonischer Anfrage nach Vergleichsbereitschaft. Gesprächsbereitschaft der anderen Partei erforderlich
Leitsatz (amtlich)
1. Eine bloße telefonische Anfrage, ob eine vergleichsweise Einigung möglich sei, löst noch keine Besprechungsgebühr nach Vorbem 3 Abs 3 VV RVG (juris: RVG-VV) aus.
2. Der Ansatz einer Besprechungsgebühr im Rahmen eines Telefonats setzt zumindest eine Gesprächsbereitschaft der anderen Seite voraus. Der Gegner muss bereit sein, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten (Müller-Rage in Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG, 22. Auflage, Vorbem 3 VV RdNr 174).
Normenkette
VV RVG Vorbemerkung § 3 Abs. 3 S. 1; VV RVG Vorbemerkung § 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2; RVG § 33 Abs. 3 Sätze 1, 3, Abs. 8 S. 1, § 56 Abs. 2 Sätze 1-3, § 60 Abs. 1
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG München vom 6.7.2017, S 21 SF 182/17 E, wird zurückgewiesen.
II. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer (Bf.) nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist allein die Entstehung einer Terminsgebühr.
Das Klageverfahren vor dem SG München (S 26 R 492/15) betraf eine Streitigkeit aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Bf. wurde mit Beschluss vom 15.7.2015 dem Kläger als Rechtsanwalt beigeordnet. Das Verfahren endete durch Gerichtsbescheid vom 7.6.2016, gegen den Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt wurde (L 6 R 481/16).
Mit Schriftsatz vom 26.9.2016 beantragte der Bf., seine Vergütung für das Klageverfahren in Höhe von 714,00 € festzusetzen und setzte dabei eine Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 in Höhe von 280,00 €, eine Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) in Höhe von 300,00 € sowie die Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 € (zzgl. MwSt. Nr. 7008 VV RVG iHv 114,00 €) an. Hinsichtlich der Terminsgebühr verwies er auf ein Schreiben vom 7.3.2016 an die Beklagte.
Auf Nachfrage der Urkundsbeamtin vom 6.12.2016 teilte die Beklagte am 7.12.2016 mit, sich an die Dauer des Telefonats mit der Rechtsanwaltskanzlei nicht erinnern zu können. Als Telefonvermerk sei lediglich aufgenommen, der Rechtsanwalt habe mitgeteilt, es ginge vorliegend nicht um eine Weitergewährung, sondern Entziehung der Rente und somit darum, ob eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Dies sei seiner Meinung nach nicht der Fall und er wolle daher wegen einer vergleichsweisen Einigung anfragen. Man habe auf das anwaltliche Schreiben vom 7.3.2016 mitgeteilt, dass Schriftverkehr im laufenden Klageverfahren nur über das Sozialgericht erfolge und außerhalb des gerichtlichen Verfahrens keine Verhandlungen geführt würden. Der Bf. bestätigte mit Schreiben vom 27.12.2016 diesen Vortrag und ergänzte, die Beklagte sei telefonisch kontaktiert worden, um eine vergleichsweise Einigung zu erzielen. Die Beklagtenseite habe zugehört, jedoch nicht ad hoc reagieren können, da sie zum Zeitpunkt des Telefonats nicht alle Einzelheiten parat gehabt habe. Die genaue Dauer des Telefonats sei nicht mehr erinnerlich, es werde aber nicht über 5 Minuten hinausgegangen sein.
Mit Beschluss vom 2.3.2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Bf. zustehende Vergütung auf 380,80 € fest, ohne eine Terminsgebühr anzusetzen. Das zwischen den Beteiligten geführte kurze Telefonat von nicht mehr als 5 Minuten sei nicht geeignet, eine solche Besprechungsgebühr auszulösen, weil es qualitativ nicht mit einem regulären Gerichtstermin vergleichbar sei (Verweis auf Beschluss des LSG vom 16.12.2016, L 15 SF 63/15). Dies zeige sich schon anhand des Schriftsatzes des Bf. vom 27.12.2016, welcher geschildert habe, dass der Gesprächspartner bei der Beklagten zum Zeitpunkt des Telefonats nicht alle Einzelheiten des Falles vorliegen hatte und daher der Sachverhalt nicht geklärt werden konnte.
Am 10.4.2017 hat der Bf. wegen der Nicht-Festsetzung der Terminsgebühr Erinnerung eingelegt. Die vom Landessozialgericht aufgestellte Prämisse, dass außergerichtliche Einigungsgespräche bestimmten qualitativen Anforderungen genügen und gerichtlichen Terminen vergleichbar sein müssten, finde keine Stütze im Gesetz und laufe im Ergebnis auf eine Versagung der Terminsgebühr aus fiskalischen Gründen hinaus.
Das SG hat mit Beschluss vom 6. Juli 2017 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen.
Gemäß der Vorbemerkung 3 (3) zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zum RVG) entstehe die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt sei. Die Gebühr für außergerich...