Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweilige Anordnung. Beschädigtenversorgung. Opferentschädigung. Anordnungsgrund. Sozialgerichtliches Verfahren: Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz durch einstweiligen Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Begehrt ein Antragsteller im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz, liegt regelmäßig kein Anordnungsgrund vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Betroffene (noch) keine anderen Sozialleistungen bezieht.
2. Die Feststellung von Ansprüchen nach dem Opferentschädigungsgesetz dient nicht der Rehabilitierung der Opfer rechtswidriger tätlicher Angriffe.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
I. Der Antrag vom 26. September 2013 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller, Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Am 06.06.2006 beantragte der Antragsteller Beschädigtenversorgung nach dem OEG aufgrund einer gegen ihn gerichteten polizeilichen Maßnahme vom 22.09.2001. Mit Bescheid vom 02.10.2006 lehnte der Antragsgegner, Beklagte und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Antragsgegner) den Antrag ab, da kein vorsätzlicher, rechtswidriger und tätlicher Angriff im Sinne von § 1 OEG vorliege. Am 13.04.2011 stellte der Antragsteller den Antrag auf Rücknahme des genannten Bescheids gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, die der Antragsgegner mit Bescheid vom 27.06.2011 ablehnte. Mit Bescheid vom 28.06.2011 lehnte der Antragsgegner auch eine Versorgung wegen eines weiteren vom Antragsteller vorgetragenen Sachverhalts (polizeiliche Maßnahme vom 06.06.2008) ab. Das sich anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (Az.: S 30 VG 27/11) blieb für den Antragsteller erfolglos; mit Urteil vom 10.10.2012 wies das Gericht die Klage gegen die oben genannten Bescheide aus dem Jahr 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2011 ab. Hiergegen hat der Antragsteller am 07.02.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt (Az.: L 15 VG 2/13). Mit Beschluss vom 14.05.2013 hat das BayLSG dem Antragsteller für das Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.
Am 26.09.2013 hat der Antragsteller beim BayLSG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, um den Antragsgegner zu verpflichten, Leistungen nach dem OEG wegen der gesundheitlichen Schädigungen, die er aufgrund der polizeilichen Maßnahmen erlitten habe, zu erbringen. Der Antragsteller hat vorgetragen, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund gegeben seien. Hinsichtlich Ersterem hat er unter anderem auf den festgestellten Grad der Behinderung von 50 verwiesen. Soweit überhaupt verständlich, hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsgrundes mit dem ihm monatlich zur Verfügung stehenden Gesamtbetrag von nur 330,00 € begründet, der im Hinblick auf die bestehenden Gesundheitsfolgeschäden auch nicht ansatzweise Abhilfe schaffen könne. Unter den bestehenden besonderen Umständen seien deutlich höhere Leistungen erforderlich. Der Antragsteller hat hier unter anderem vorgetragen, er müsse nach der Zerstörung seines Familienlebens durch die polizeilichen Maßnahmen nun ein neues Leben beginnen, müsse nun "vom erlittenen Unrecht genesen" und sich "ehrwürdig in der Gesellschaft darstellen". Ohne Leistungen der Beschädigtenversorgung würden ihm unwiederbringliche Nachteile in seinen fundamentalen Menschen-, Grund- und Persönlichkeitsrechten entstehen.
Als Anlagen seines Antrags hat der Antragsteller eine Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd über die Anpassung seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung und einen Bescheid der Landeshauptstadt A-Stadt über die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - vorgelegt. Daraus ist ersichtlich, dass der Antragsteller in der Zeit ab 01.08.2013 Sozialleistungen in Höhe von 1.473,80 € monatlich bezieht.
Mit Schriftsatz vom 14.10.2013 hat der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz abzulehnen. Es bestehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch. Der Anordnungsanspruch sei nicht gegeben, da die Berufung in der Hauptsache keine Erfolgsaussichten habe. Ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben, da eine vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig erscheine. Zum einen habe der Antragsteller durch das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache keinen unumkehrbaren Rechtsverlust an dem geltend gemachten Rentenanspruch zu befürchten; sollten die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente letztendlich nachgewiesen werden, bestehe der Anspruch auf Rente rückwirkend ab Antragstellung. Zum anderen sei eine finanzielle Notlage im Hinblick auf die ...