Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Gewaltopferentschädigung. tätlicher Angriff. Rechtswidrigkeit. Rechtfertigungsgrund. vorläufige Zwangsräumung
Leitsatz (amtlich)
Eine auf einer Eingriffsgrundlage erfolgte vorläufige Zwangsräumung stellt keinen rechtswidrigen tätlichen Angriff dar, sie erweist sich vielmehr als rechtmäßig.
Normenkette
OEG § 1 Abs. 1 S. 1; SGG § 86b Abs. 2 S. 2; StGB § 113 Abs. 1
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1974 geborene Beschwerdeführerin beantragte am 03.08.2012 mit formlosem Antrag Leistungen. Sie führte zur Begründung aus, infolge mehrerer vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriffe gegen ihre Person leide sie an gesundheitlichen Schädigen im Geltungsbereich des OEG. Sie erstatte seit Dezember 2011 Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft St. Den Tätern sei bekannt, dass sie zu 50 % schwerbehindert sei und sie mobbten sie weiterhin. Sie verweise in diesem “Zusammenhang auf “Materialen - Grafeneck 1940 - Wohin bringt ihr uns?___AMPX_‚_SEMIKOLONX___X NS-Euthanasie im deutschen Südwesten der LpB, Seite 15„. Unter Hinweis auf die Deportationen und Ermordungen in Grafeneck führte sie aus, offenbar hätten diese Strukturen 70 Jahre überdauert. Dies werde Deutschland früher oder später erneut an den Abgrund bringen. Daraufhin forderte der Beschwerdegegner sie auf, das mit Merkblatt beigelegte Antragsformular auszufüllen (Schreiben vom 08.08.2012).
In der Folgezeit stellte die Beschwerdeführerin mehrfach Anträge beim Sozialgericht Stuttgart auf einstweiligen Rechtsschutz. So begehrte sie mit Antrag vom 09.08.2012 die Gewährung von Versorgungskrankengeld, Heilbehandlung und Rehabilitationsmaßnahmen, mit Antrag vom 03.09.2012 die Gewährung einer kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Zahnbehandlung und mit Antrag vom 20.09.2012 die Gewährung einer Beschädigtengrundrente. Diese Anträge lehnte das Sozialgericht mit Beschlüssen vom 28.08.2012 (S 13 VG 4391/12 ER), 17.09.2012 (S 13 VG 4834/12 ER) und 19.10.2012 (S 13 VG 5182/12 ER) jeweils mit der Begründung ab, ohne vorherige Antragstellung fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz.
In ihrem am 27.12.2012 unterzeichneten Formularantrag auf die Gewährung von Beschädigtenversorgung gab die Beschwerdeführerin an, sie führe ihre Gesundheitsstörungen “seelische Krankheit, Skoliose und Dysgnathie„ auf die am 08.10.2012 in Stuttgart durchgeführte Zwangsräumung zurück. Im weiteren Verlauf gelangten das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 10.07.2012 (Verurteilung der Beschwerdeführerin zur Räumung ihrer Wohnung) und das Schreiben der Gerichtsvollzieherin Bürgermeister vom 13.09.2012 (Mitteilung der beabsichtigten Zwangsräumung am 08.10.2012) zu den Akten.
Am 03.01.2013 hat die Beschwerdeführerin erneut einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht mit den Anträgen aus den ersten drei Verfahren beantragt. Sie hat ferner ausgeführt, sie sei aufgrund der Beschlüsse des Amtsgerichts Stuttgart vom 10.10.2012, 05.11.2012, 14.12.2012 und 28.12.2012 in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie F. Krankenhaus in St. untergebracht worden.
Mit Beschluss vom 29.01.2013 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe bereits einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Techniker Krankenkasse sei ihre Krankenbehandlung gesichert. Wegen ihrer stationären Unterbringung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie F. Krankenhaus in St. erscheine die von ihr begehrte Rehabilitationsmaßnahme nicht nötig. Ferner sei nicht ersichtlich, weshalb einstweiliger Rechtsschutz zur Sicherung ihres aktuellen Lebensunterhalts notwendig wäre. Auch fehle es an einem Anordnungsanspruch. Es erscheine nahezu ausgeschlossen, dass es sich bei der geltend gemachten Dysgnathie um eine Schädigungsfolge handeln könne. Denn eine Dysgnathie sei eine Fehlentwicklung der Zähne, der Kiefer- und/oder des Kausystems. Ebenso verhalte es sich mit der geltend gemachten Gesundheitsstörung der Skoliose, bei der es sich um eine Seitverbiegung der Wirbelsäule bei gleichzeitiger Rotation handele. Im Hinblick auf die seelische Störung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sie bereits vor den geltend gemachten schädigenden Ereignissen anerkannte Schwerbehinderte gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin hat mit dem am 04.02.2013 aus dem F. Krankenhaus St. versandten Telefax gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde erhoben. Sie hat ausgeführt, durch die Unterbringung seien Folgeschäden entstanden. Ihr Vermögen reiche für die Behebung der Folgeschäden nicht...