nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 06.05.1993; Aktenzeichen S 37 Eg 52/92)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.05.1993 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.06.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.1992 verurteilt, der Klägerin für den 19. mit 24. Lebensmonat des am 03.03.1992 geborenen Kindes S. Landeserziehungsgeld zu gewähren.

II. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld (LErzg) für den 19. mit 24. Lebensmonat (03.09.1993 mit 02.03.1994) ihrer Tochter S. streitig.

Die am 1971 geborene Klägerin, eine verheiratete türkische Staatsangehörige, welche seit 1988 in München mit ihrer Hauptwohnung gemeldet und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, ist die Mutter des am 03.03.1992 in München geborenen Kindes. Sie lebt seither mit diesem und ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt, betreut und erzieht das Kind und hat daneben im streitgegenständlichen Zeitraum keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Seit 03.03.1992 ist sie bei der B. BKK familienversichert. Durch Bescheid der Familienkasse beim Versorgungsamt München II vom 09.09.1992 erhielt sie für den 1. mit 18. Lebensmonat vorläufig Bundeserziehungsgeld (BErzg), durch Bescheid vom 03.07.1995 endgültig in Höhe von 600,00 DM monatlich.

Ein Anspruch auf LErzg wurde durch Bescheid vom 11.06.1992 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der vorliegenden türkischen Staatsangehörigkeit gehöre die Klägerin nicht zum Personenkreis des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11.11.1992)

Das angerufene Sozialgericht (SG) München wies die dagegen erhobene Klage durch Urteil vom 06.05.1993 mit der Begründung ab, wegen der vorliegenden türkischen Staatsangehörigkeit seien die Voraussetzungen des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 BayLErzGG nicht erfüllt. Ein Anspruch sei auch nicht aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art.3 GG oder der Europäischen Sozialcharta herzuleiten.

Mit der zum Bayer. LSG eingelegten Berufung übernahmen die (früheren) Klägerbevollmächtigten hinsichtlich der Voraussetzungen der Gleichbehandlung türkischer Staatsangehöriger beim Bezug von Erzg im Wesentlichen Ausführungen aus dem Rechtsgutachten des Dr.K. S. vom 17.06.1993, welches u.a. auch im Parallelverfahren L 9 EG 7/00 vorgelegt worden ist. Auf dessen im Berufungsschriftsatz vom 23.11.1993 im Einzelnen wiedergegebenen Inhalt wird verwiesen.

Durch Beschluss vom 31.08.1994 wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Am 23.03.2000 setzten die Klägerbevollmächtigten das Verfahren fort. Sie verwiesen auf eine zum Kindergeld (Kg) nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ergangene Entscheidung des EuGH vom 04.05.1999, C-262/96, sowie auf Urteile des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.07.1999 und 11.10.1999 zum LErzg Baden-Württemberg. Aufgrund der Entscheidung des EuGH müsse das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.1992, demzufolge das LErzg nicht dem sachlichen Geltungsbereich des Beschlusses Nr.3/80 EWG-Türkei unterliege, als überholt angesehen werden. Mit Schriftsatz vom 30.06.2000 bestellten sich die derzeitigen Klägerbevollmächtigten anstelle der früheren.

Demgegenüber teilte der Beklagte mit, dass das von der Klägerin bezeichnete Urteil des EuGH nicht seiner Rechtsauffassung entspreche. Eine Übersendung der - versehentlich vernichteten - Erzg- und Handakten sei nicht möglich.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das Urteil des SG München vom 06.05.1993 sowie den Bescheid vom 11.06.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.1992 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den 19. mit 24.Lebensmonat ihrer Tochter S. Landeserziehungsgeld zu gewähren.

Sie gibt an, dass sie im streitigen Zeitraum durchgehend bei der Betriebskrankenkasse der B. AG als Familienangehörige versichert gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 06.05.1993 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 01.03.2001.

 

Entscheidungsgründe

Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache begründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung bayerischen Landeserziehungsgeldes ist das Gesetz zur Gewährung eines LErzg und zur Ausführung des BErzGG (BayLErzGG) vom 12.06.1989 (GVBl.1989.206). Anspruch auf BayLErzg hatte gemäß Art.1 Abs.1 BayLErzGG in der für Geburten vor dem 01...

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