nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Bayreuth (Entscheidung vom 16.12.1992; Aktenzeichen S 10 Eg 14/92) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 16. Dezember 1992 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld (LErzg) für den 19. mit 24. Lebensmonat (07.07.1992 mit 06.01.1993) ihres Sohnes Ferhat streitig.
Die am ... 1973 geborene Klägerin, eine verheiratete türkische Staatsangehörige, welche vom 18.10.1990 an im Besitz einer seinerzeit zum Zweck der Familienzusammenführung erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnis war, ist die Mutter des am ... 1991 in Münchberg, Kreis Hof, geborenen Kindes. Sie lebt seither mit diesem und ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt, betreut und erzieht das Kind und übt daneben keine Erwerbstätigkeit aus. Durch Bescheid der Familienkasse beim Versorgungsamt Bayreuth vom 18.03.1991 erhielt sie für den 1. mit 18. Lebensmonat Bundeserziehungsgeld (BErzg) in Höhe von DM 600,00 monatlich.
Der am 09.07.1992 gestellte Antrag auf Bewilligung von LErzg wurde durch Bescheid vom 13.07.1992 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der vorliegenden türkischen Staatsangehörigkeit gehöre die Klägerin nicht zum Personenkreis des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.11.1992)
Das angerufene Sozialgericht (SG) Bayreuth hob die angefochtenen Bescheide durch Urteil vom 16.12.1992 auf und verurteilte den Beklagten, der Klägerin LErzg dem Grunde nach zu gewähren. Die Entscheidung gründet auf den Bestimmungen der Europäischen Sozialcharta vom 18.10.1961, die am 26.02.1965 (BGBl II. 1965 S.1122) für die Bundesrepublik und am 24.12.1989 (BGBl II. 1990 S.59) für die Türkei verbindlich geworden ist,sowie auf Art.10 Abs.1 des Beschlusses Nr.1/80 des Assoziationsrates über die Entwicklung der Assoziation zwischen der EG und der Türkei.
Mit der am 15.01.1993 zum Bayer. LSG eingelegten Berufung wandte der Beklagte ein, das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 18.12.1992 (DVBl.1993, 787) den allgemeinen Gleichheitssatz als nicht verletzt angesehen. Die Staatsangehörigkeit gehöre nämlich nicht zu den in Art.3 Abs.3 GG genannten Merkmalen, die eine Mindestsicherung gegen Diskriminierung erreichen sollen und an die bei der Vergabe staatlicher Leistungen schlechthin nicht angeknüpft werden dürfe, vgl. BVerfG Beschluss vom 20.03.1979, BVerfGE 51.1. Die Klägerin könne ihren Anspruch auch nicht auf Art.16 der Europäischen Sozialcharta stützen. Selbst wenn unterstellt werde, dass der Charta überhaupt ein die Klägerin begünstigendes Gleichbehandlungsgebot zu entnehmen sei, handle es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der keine unmittelbaren Rechte für Bürger begründe, sondern lediglich rechtspolitische Zielsetzungen beinhalte, deren Umsetzung in einklagbares nationales Recht sich die Vertragsparteien ausdrücklich vorbehalten hätten. Auch lasse sich ein Anspruch auf LErzg nicht aus dem Assoziationsrecht zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei ableiten.
Die Klägerbevollmächtigten bezogen sich hinsichtlich der Voraussetzungen der Gleichbehandlung türkischer Staatsangehöriger beim Bezug von Erzg auf ein Rechtsgutachten des Dr ... vom 17.06.1993, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird.
Durch Beschluss vom 28.07.1994 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Am 23.03.2000 setzten die Klägerbevollmächtigten das Verfahren fort. Sie verwiesen auf eine zum Kindergeld (Kg) nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ergangene Entscheidung des EuGH vom 04.05.1999, C-262/96, sowie auf Urteile des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zum LErzg Baden-Württemberg vom 12.07.1999 und 11.10.1999. Aufgrund der Entscheidung des EuGH müsse das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.1992, demzufolge das LErzg nicht dem sachlichen Geltungsbereich des Beschlusses Nr.3/80 EWG-Türkei unterliege, als überholt angesehen werden.
Demgegenüber führt der Beklagte aus, dass der bayerische Gesetzgeber im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich zustehenden Gestaltungsspielraums den anspruchsberechtigten Personenkreis in Art.1 BayLErzGG abschließend geregelt habe. Das LErzg sei keine Familienleistung im Sinne von Art.4 Abs.1 Buchst.h des Beschlusses Nr.3/80 EWG-Türkei. Der EuGH habe dies lediglich für das Kg entschieden. Demgegenüber handle es sich beim LErzg um eine Sozialleistung zugunsten junger Familien in Bayern im Anschluss an die Leistungen des BErzGG, die eine intensive Familienbetreuung von Kleinkindern über den Bezugszeitraum für BErzg hinaus fördern solle. Es verstehe sich als Anerkennung für die Erziehungsleistung von Müttern und Vätern und habe keine Lohnersatzfunktion. Als b...