Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Zulässigkeit einer nachträglichen Rechnungskorrektur durch den Krankenhausträger
Orientierungssatz
Ein Krankenhausträger ist mit der nachträglichen Änderung einer DRG und der darauf beruhenden Rechnungskorrektur nach abgeschlossenem MDK-Prüfverfahren nicht nach § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 (juris: PrüfvVbg) ausgeschlossen.
Leitsatz (amtlich)
1. § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 (juris: PrüfvVbg) schließt eine nachträgliche Anpassung von Kodierung und Rechnung an das vom MDK gewonnene Prüfergebnis nicht aus, wenn sich hiernach ein höherer Rechnungsbetrag ergibt.
2. Sowohl der Wortlaut der Regelung als auch systematische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 die Vergütung betreffende materielle Ausschlussfristen enthält.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 2.503,47 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung weiterer Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt das Kreiskrankenhaus E., ein nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus. Dort wurde die bei der Beklagten versicherte L. (im Folgenden: Versicherte) in der Zeit vom 22.06. bis 02.07.2017 wegen einer infizierten Wunde an der linken Hand nach einer Katzenbissverletzung stationär behandelt.
Die Klägerin rechnete den Aufenthalt der Versicherten auf Grundlage der DRG X05B (Andere Eingriffe bei Verletzungen der Hand, ohne komplexen Eingriff) gemäß des Fallpauschalenkatalogs zur Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2017 (Fallpauschalenvereinbarung 2017 - FPV 2017) ab und stellte der Beklagten hierfür am 17.07.2017 einen Betrag in Höhe von 3.232,20 € in Rechnung. Dieser Betrag wurde von der Beklagten bezahlt.
Die Beklagte veranlasste eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern zur Klärung, ob die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer in vollem Umfang medizinisch begründet gewesen und die Hauptdiagnose korrekt sei. Der MDK setzte die Klägerin darüber mit Schreiben vom 26.07.2017 in Kenntnis.
Der MDK kam im Gutachten vom 17.11.2017 zum Ergebnis, dass die Hauptdiagnose zu ändern sei: statt T14.1 (offene Wunde an einer nicht näher bezeichneten Körperregion) sei T79.3 (posttraumatische Wundinfektion, anderenorts nicht klassifiziert) in Ansatz zu bringen. Die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer sei hierdurch gegenstandslos, so dass sich der Fall in der DRG T01C (OR-Proz. bei infektiösen/parasitären Krankh. oh. best. kompl. OR-Proz., oh. kompliz. Konstell., auß. bei Z.n. Organ-Tx, oh. best. Eingr. od. auß. bei Sepsis, oh. best. Eingr. bei Hüftendoproth. od. plast. Rekonstr. Brustwand, mit best. mäß. kompl. Eingr.) abbilde. Aufgrund der Änderung der Hauptdiagnose ergebe sich ein höherer Abrechnungsbetrag (Grouping-Ergebnis: 5.756,16 €).
Am 23.11.2017 übermittelte die Klägerin der Beklagten eine korrigierte Rechnung auf Grundlage der DRG T01C mit einem Rechnungsbetrag von 5.735,67 € und eine Gutschrift in Höhe von 3.232,20 € im Hinblick auf die bereits beglichene Rechnung vom 17.07.2017.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 27.11.2017 die Zahlung weiterer Vergütung für die Behandlung der Versicherten ab mit der Begründung, dass die Datenkorrektur vom 23.11.2017 nicht innerhalb der in § 7 Abs. 5 PrüfvV genannten Fristen erfolgt sei.
Die Klägerin hat am 27.09.2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhoben und weitere Behandlungskosten für die Versicherte in Höhe von 2.503,47 € nebst Zinsen geltend gemacht. Die Neufassung einer Rechnung sei keine Datenkorrektur im Sinne von § 7 Abs. 5 PrüfvV. Die Klägerin habe keine Datenänderung vorgenommen, die Gegenstand einer MDK-Prüfung sein sollte, sondern lediglich das Ergebnis der MDK-Prüfung umgesetzt. § 7 Abs. 5 PrüfvV sei daher nicht einschlägig. Zudem enthalte § 7 Abs. 5 PrüfvV keine materielle Ausschlussfrist. Eine solche wäre von der Ermächtigungsgrundlage für die PrüfvV auch nicht gedeckt. Außerdem sei es rechtsmissbräuchlich, bei Korrektur und Umsetzung des MDK-Ergebnisses eine Nachforderung des Krankenhauses zu verneinen, zumal die Beklagte regelmäßig Rechnungskorrekturen fordere, wenn sich aufgrund der MDK-Prüfung eine Verringerung des Rechnungsbetrages ergebe. Somit bleibe es dabei, dass eine Nachberechnung innerhalb der vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Zeitgrenzen, also bis Ende des auf die Abrechnung folgenden Jahres, möglich sei (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 1 KR 40/15 R).
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die von der Klägerin am 24.11.2017 vorgenommene Daten- und Rechnungskorrektur nicht mehr möglich gewesen sei, da sie erst nach Abschluss der Prüfung durch den MDK am 17.11.2017 erfolgt sei. § 7 A...