Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. bariatrische Operation. Eintritt der Genehmigungsfiktion. Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage. Beginn der Frist nach § 13 Abs 3a S 1 SGB 5. Anspruch auf Gewährung als Sachleistung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der behauptete Anspruch darauf gestützt, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V eingetreten sei, ist die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) statthaft.
2. Der Beginn der Frist des § 13 Abs 3a S 1 SGB V hängt nicht davon ab, wann der Krankenkasse die für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen vorliegen.
3. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V bewirkt einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Leistung als Sachleistung.
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27. Februar 2014 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine bariatrische Operation in einer Vertragsklinik als Sachleistung zu gewähren.
III. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger eine bariatrische Operation als Sachleistung zusteht.
Mit Schreiben vom 24.06.2013, das am selben Tag per Telefax an die Beklagte übermittelt wurde, beantragte der bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Kläger eine adipositas-chirurgische Maßnahme, die in der A.-Klinik in B-Stadt durchgeführt werden sollte. Er legte eine Teilnahmebescheinigung vor, nach der er vom 30.10.2012 bis 21.05.2013 regelmäßig an der Maßnahme "Abnehmen - aber mit Vernunft" teilgenommen hatte.
Mit Schreiben vom 24.06.2013 wurde dem Kläger ein Fragenkatalog übersandt. Die Beklagte bat in diesem Zusammenhang, die entsprechenden Nachweise beizubringen. Danach könne der Vorgang zur Begutachtung an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weitergeleitet werden.
Mit Schreiben vom 20.07.2013 legte der Bevollmächtigte des Klägers nochmals eine Bestätigung über die Teilnahme an dem Programm "Abnehmen - aber mit Vernunft" vor. Sämtliche sonst noch erforderlichen Unterlagen lägen der Beklagten vor; die Sache sei zuletzt unter dem Az. S 14 KR 496/11 beim Sozialgericht Regensburg anhängig gewesen. Es werde erneut und dringend um Kostenzusage für die beantragte bariatrische Operation gebeten.
Mit Schreiben vom 29.07.2013 wandte sich die Beklagte an den Bevollmächtigten. Aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen seien der derzeitige Gesundheitszustand sowie Größe, aktuelles Gewicht, Therapie und Operationsmethode nicht erkennbar. Laut persönlichen Angaben des Klägers plane das Krankenhaus B-Stadt eine andere Operationsmethode als das Klinikum W. im Jahr 2011. Auch wurde angeführt, dass neben der Tatsache der Teilnahme an der multimodalen Behandlung keine weiteren Angaben aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich seien. Es folgten noch Ausführungen zu den möglichen Operationsmethoden. Es werde um Übersendung der entsprechenden Unterlagen bzw. um eine Selbstauskunft des Klägers gebeten.
Mit Schreiben vom 18.09.2013 erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, der Antrag gelte als genehmigt, nachdem er nicht innerhalb der 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a SGB V verbeschieden worden sei. Aus diesem Grunde werde die Beklagte gebeten, die Kostenübernahmeerklärung kurzfristig auszufertigen und zu übersenden.
Mit Schreiben vom 19.09.2013 lehnte die Beklagte es ab, kurzfristig eine Kostenübernahmeerklärung auszufertigen. Bei unvollständigen Anträgen sei dies dem Versicherten unverzüglich mitzuteilen und die zur Prüfung des Leistungsanspruches erforderlichen Unterlagen seien zu bezeichnen und anzufordern. Die Anforderung der für die Prüfung des geltend gemachten Sachleistungsanspruchs erforderlichen Unterlagen stelle einen hinreichenden sachlichen Grund im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 5 und 6 SGB V dar. Ein Hinweis auf die Regelungen des § 13 Abs. 3a SGB V sei hierbei nicht notwendig.
Mit Schreiben vom 23.09.2013 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers ein Schreiben der A. Klinik B-Stadt vom 19.09.2013. Darin heißt es, der Kläger habe vom 30.10.2012 bis zum 21.05.2013 das Präventionsprogramm "Abnehmen - aber mit Vernunft" mit gleichzeitiger Fitness- und Physiotherapie eines speziell ausgebildeten Adipositasphysiotherapeuten durchgeführt. Trotz konsequenter regelmäßiger Durchführung des Programms habe der Kläger weiterhin einen BMI von 47 (Größe 1,77 m, Gewicht 145 kg).
Am 28.10.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und die Feststellung des Eintritts der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V beantragt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht eingehalten habe. Er habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Vorlage weiterer Antragsunterlagen nicht für erforderlich erachtet werde und deshalb nicht vorgesehen sei. Es obliege dem Antragsteller, ob und in welchem Umfang ergänzende Unterlagen und...