Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. Rehabilitationszweck. gemischte Tätigkeit. Lüften verrauchter Kleidung auf dem Balkon der Reha-Einrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unfallversicherungsschutz besteht nicht wenn nach Zigarettenrauch riechende Kleider auf Grund des Besuches einer privaten Tanzveranstaltung auf dem Balkon einer Reha-Einrichtung aufgehängt werden, auch wenn diese Handlungsweise kurärztlich einer wegen Aphonie durchgeführten stationären Heilbehandlung empfohlen worden ist.

2. Die latent vorhandene Gefahr, auf einem eisglatten Balkon auszurutschen, ist allgemein bekannt und rechtfertigt nicht die Annahme einer besonderen Gefahrenquelle am Ort des Kuraufenthalts.

 

Orientierungssatz

Das von den Ärzten empfohlene Entfernen von nach Rauch riechenden Kleidern während der Rehabilitationsmaßnahme steht dann im inneren Zusammenhang mit der Rehabilitationsmaßnahme, wenn eine von der Versicherten geleistete betriebliche Tätigkeit ihr Bedürfnis nach einem geruchsfreien Zimmer während der Nachtzeit zumindest wesentlich mitbestimmt hat.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.12.2001 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von der Klägerin am 09.02.1999 erlittene Innenmeniskusläsion des rechten Kniegelenkes als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Die am 1965 geborene Klägerin, die sich wegen einer Stimmstörung zur stationären Heilbehandlung im Stimmheilzentrum B. stationär aufhielt, wollte am 09.02.1999 um 22.30 Uhr nach dem Besuch einer Tanzveranstaltung in einem Lokal bei der Rückkehr in das Stimmheilzentrum ihre Kleidung zum Lüften auf dem Balkon ihres Zimmers aufhängen, weil diese nach Rauch roch. Dabei rutschte sie wegen Eisglätte aus, stieß mit dem rechten Bein in Höhe des Kniegelenkes gegen den Türrahmen und stürzte. Sie verdrehte sich das rechte Kniegelenk und zog sich eine Distorsion mit Innenmeniskusläsion zu.

Die Klägerin gab an, die Ärzte im Stimmheilzentrum hätten immer darauf hingewiesen, dass Rauch den Stimmbändern von Rehabilitanden schade. Wenn sie ausgegangen seien, sollten sie die Kleidung immer lüften, damit der Rauch in der Nacht nicht schade.

Die Beklagte lehnte eine Entschädigung des Ereignisses mit Bescheid vom 09.07.1999 idF des Widerspruchsbescheides vom 16.12.1999 mit der Begründung ab, der Aufenthalt im verrauchten Gastraum sei der Heilbehandlung nicht dienlich gewesen und allein dem privaten Bereich zuzuordnen. Das Aufhängen der Kleidung auf dem Balkon zum Lüften sei nur notwendig gewesen, weil sie sich zuvor in dem Gastraum aufgehalten habe. Das Lüften der Bekleidung nach der privaten Tätigkeit sei im Zusammenhang mit der unversicherten Tätigkeit zu sehen. Im Übrigen hätte die Klägerin nach ihren eigenen Angaben in der Gemeinschaftspraxis B. am 20.02.1999 auch zu Hause ihre Kleider auf dem Balkon gelüftet.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Würzburg hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 09.02.1999 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Grunde nach zu entschädigen. Zur Begründung hat sie u.a. angeführt, ohne die Kurmaßnahme hätte sie ihre Kleider entweder noch am selben Tage in die Wäsche gegeben oder zunächst im Bad oder am nächsten Tag im Freien aufgehängt. Auf keinen Fall hätte sie sich zu Hause auf einen vereisten Balkon begeben, um die Kleider aufzuhängen. Anlässlich der Kurmaßnahme habe sie dies nur wegen der ärztlichen Anordnung getan. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.12.2001 abgewiesen und ausgeführt, das Lüften der Kleidung nach einer privaten Tätigkeit (Aufenthalt in einem Lokal) sei trotz des Hinweises der behandelnden Kurärzte einer privaten Tätigkeit zuzuordnen, da die Klägerin auch zu Hause die nach Rauch riechende Kleidung aus dem Wohnbereich entfernt hätte.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, das Lüften der Kleidung habe in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden. Sie sei auch einer besonderen Gefahr der Kureinrichtung erlegen, als sie sich auf den vereisten Balkon begeben habe, um die Kleidung aufzuhängen.

Auf einen Anruf des Berichterstatters beim Stimmheilzentrum B. hin hat ein Arzt dieses Zentrums erklärt, das Auslüften nikotinhaltiger Kleider sei auf jeden Fall sinnvoll, um die stimmgebenden Organe bei Aphonie zu schonen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Würzburg vom 19.12.2001 sowie des Bescheides vom 09.07.1999 idF des Widerspruchsbescheides vom 16.12.1999 zu verurteilen, das Ereignis vom 09.02.1999 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Würzburg vom 19.12.2001 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Unfallakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüg...

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