Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortdauer des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach Arbeitsfreistellung. Zum Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Altersteilzeit. Freistellungsphase. vertragliches Arbeitsverhältnis. Entgeltlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags ein Entgeltanspruch, liegt ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis auch dann vor, wenn der Empfänger des Entgelts keine körperliche oder geistige Arbeit leistet.
2. Ob vor einem feststellenden Verwaltungsakt eine Anhörung erforderlich ist, bleibt offen.
Orientierungssatz
Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis iS von § 7 Abs 1 und Abs 1a SGB 4 ist gegeben, wenn ein nicht selbständiger Arbeitnehmer Arbeitsentgelt von seinem Arbeitgeber erhält und somit ein entgeltliches vertragliches Arbeitsverhältnis vorliegt. Dabei kommt es auf die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung nicht an.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, 1a S. 1; SGB III § 25 Abs. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB X § 24 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beigeladenen zu 3. wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Januar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob bezüglich des Beigeladenen zu 3) in der Zeit vom 01.04.2000 bis 31.03.2005 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin bestanden hat.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 05.03.2001 wandte sich die Klägerin an die beklagte Krankenkasse, der Beigeladene zu 3) habe mit ihr am 03.03.2000 eine Aufhebungsvereinbarung und einen Altersteilzeitvertrag geschlossen, nach dem er das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2005 beendet wird und der Beigeladenen zu 3) in der Zeit vom 01.04.2000 bis 31.03.2005 von jeglicher Arbeit freigestellt ist. Sie bat die Beklagte um verbindliche Bestätigung, dass damit kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mehr vorliege. Der vorgelegte "Altersteilzeitvertrag" regelt in dessen § 1, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unter Abänderung und Ergänzung des Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 01.04.2000 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt wird. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis solle ohne Kündigung am 31.05.2005 enden. § 2 des Vertrages bestimmt, dass die Arbeitszeit so zu verteilen ist, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend entsprechend der von ihm erworbenen Zeitguthaben von der Arbeit ohne Arbeitsverpflichtung freigestellt wird. § 3 bestimmt für die Vergütung ein Entgelt für die Arbeitsteilzeitarbeit sowie zusätzlich ein 13. Gehalt zu 50 % des Vollzeitbruttogehalts und 60 % des 14. Gehalts, das dem Beigeladenen zu 3) ohne Teilzeitarbeit zugestanden hätte. § 4 beinhaltet eine Aufstockungszahlung in Höhe von 40 % des Arbeitsentgeltes für die Altersteilzeitarbeit. Das Arbeitsentgelt ist jedoch mindestens auf 85 % des Arbeitsentgeltes aufzustocken, das der Arbeitnehmer (unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge) ohne Eintritt in die Altersteilzeitarbeit erzielt hätte. § 5 enthält ein Nebenbeschäftigungsverbot, § 6 schließt einen Urlaubsanspruch während der Freistellungsphase aus, § 7 betrifft Leistungen bei Lohnersatz. § 10 verweist darauf, dass im Übrigen die Bestimmungen des weiterlaufenden Arbeitsvertrages gelten.
Die ebenfalls vorgelegte "Vereinbarung" besagt in Ziffer 1, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch Arbeitnehmerkündigung auf Veranlassung des Arbeitgebers am 31.03.2005 endet. Für den Zeitraum vom 01.04.2000 bis 31.03.2005 wird ein separater Altersteilzeitvertrag geschlossen, in Abweichung von dessen § 2 der Beigeladene zu 3) gemäß Ziffer IV. des ursprünglichen Dienstvertrages vom 01.04.1998) während dieses Zeitraums von jeglicher Arbeit freigestellt wird (Ziffer 3 der Vereinbarung). Ziffer 2 der Vereinbarung beschäftigt sich mit einer Abfindungszahlung, Ziffer 4 mit der Rückgabe von Arbeitsunterlagen und Betriebsmitteln, Ziffer 5 mit der Rückgabe des Firmenfahrzeugs (jeweils zum 30.09.2002).
Mit Schreiben vom 08.03.2001 teilte die Beklagte den Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass unter Anwendung des § 2 des Altersteilzeitvertrages ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht mehr bestehe.
Unter dem 29.08.2001 gab die Beklagte dem Beigeladenen zu 3) Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung nach erneuter Prüfung der Frage der Sozialversicherungspflicht zu äußern. Ein gleichlautendes Anhörungsschreiben bezeichnetes vom 30.08.2001 richtete die Beklagte an die Klägerin. Diese erwiderte am 20.09.2001, während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers bestehe zwar ein sozialversicherungspflichtiges Besch...