Leitsatz (amtlich)
- Zu den medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur BKV bei monosegmentalen Bandscheibenschaden.
- Bei Übergangsleistungen handelt es sich nicht um einen Leistungsfall der BK, sondern um einen Versicherungsfall.
- Zur Anwendung der Konsensempfehlungen
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 5. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsantrags vor allem die Anerkennung der Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1959 geborene Kläger lernte in der Zeit von 1974 bis 1976 den Beruf eines Maurers. Anschließend war er als Maurergeselle sowie im Straßen- und Kanalbau tätig. Von März 1984 bis Januar 1991 war er als Baufacharbeiter bei der Firma Erdbau - G., A-Stadt, vom 3. April 1991 bis 31. Januar 1993 bei der Firma P. G. Transport, Landschaftsbau und in der Zeit von 28. März 1993 bis 12. Dezember 2000 bei der Firma G. Tiefbau GmbH beschäftigt.
Die AOK Bayern meldete am 6. Juli 2001 den Verdacht auf Vorliegen einer Bandscheibenerkrankung. Die Beklagte zog die Röntgenaufnahmen und CT-Befunde, eine Auskunft des Klägers vom 12. August 2001, Behandlungsunterlagen, eine Auskunft der damaligen Tiefbau-BG vom 21. März 2002 sowie eine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 18. April 2002 bei und holte eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. B. vom 30. April 2002 ein, der von einem schicksalshaften Krankheitsbild ausging. Es lägen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) eine geringfügige diskrete Bandscheibenprotrusion im Segment L4/L5 und ein Bandscheibenvorfall bei L5/S1 vor. Der Gewerbearzt Dr. M. schloss sich dieser Einschätzung an.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2002 lehnte die Beklagte das Vorliegen einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur BKV ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte eine erneute Stellungnahme des TAD vom 20. Januar 2003 aufgrund einer Tätigkeitsbeschreibung des Klägers ein. Danach habe der Kläger nicht regelmäßig und häufig schwere Lasten gehoben und getragen bzw. Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung ausgeführt. Dieser habe selbst angegeben, lediglich an 90 Tagen im Jahr Hebe- und Tragetätigkeiten verrichtet zu haben. Er habe somit nicht in der überwiegenden Zeit der Arbeitsschichten schwere Lasten getragen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2003 zurück.
Im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Regensburg (Az.: S 4 U 247/03) begehrte der Kläger die Anerkennung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV. Das Sozialgericht holte nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Prof. Dr. W./Dr. G. vom 22. April 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 12. Juli 2004 ein. Diese führten aus, dass der Kläger an einem Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie an einer Bandscheibenvorwölbung im Segment L4/5 leide. Das Segment L3/4 sei unauffällig. Es habe sich nur eine geringe Funktionseinschränkung der LWS gezeigt. Neurologische Ausfallerscheinungen ließen sich nicht nachweisen, der Schmerzausstrahlung sei als pseudoradikulär einzustufen. Die LWK L2 - L5 zeigten Belastungsreaktionen der Grund- und Deckplatten. Konkurrierende Kausalitäten könnten nicht beschrieben werden. Aufgrund der Aufgabe der belastenden Tätigkeit sei eine spontane Beschwerdebesserung zu konstatieren. Nach den vorliegenden Befunden bestünde an der Halswirbelsäule (HWS) keine Bandscheibenerkrankung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei ab 1. Dezember 2000 mit 30 v.H., ab dem 1. Juli 2001 mit 20 v.H. und aber dem 1. Juli 2003 auf Dauer mit 10 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte legte Stellungnahmen des beratenden Chirurgen Dr. M-C. vom 17. Mai 2004 und 23. August 2004 vor. Es liege kein Schadensbild vor, das der Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage zur BKV zugrunde liege. Beim Kläger bestehe lediglich eine Verschmälerung des Bandscheibenraumes L5/S1 bei stattgehabtem Bandscheibenvorfall in diesem Segment. Eine Funktionsstörung der LWS sei nicht festzustellen. Weitere degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule im Sinne von belastungsadaptiven Veränderungen wie Osteochondrosen mit Sklerosierungsverdichtung der Deck- und Bodenplatten und Sinterung der Zwischenwirbelräume lägen nicht vor.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15. September 2005 unter Bezugnahme vor allem auf die Stellungnahmen des Dr. M-C. ab. Im anschließenden Berufungsverfahren (Az. L 3 U 367/05) holte das Gericht ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. R. vom 12. Juli 2007 ein. Der Gutachter führte aus, dass beim Kläger ein monosegmentaler lumbosakraler Bandscheibenschaden im Bereich L5/S1 vorliege, der eine ausgeprägte Protrusion ohne nennenswerte Komprimi...