Entscheidungsstichwort (Thema)

(Krankenversicherung. Zulässigkeit der nachträglichen Rechnungskorrektur einer Krankenhausabrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Krankenhausträger ist mit der nachträglichen Änderung einer DRG und der darauf beruhenden Rechnungskorrektur nach abgeschlossenem MDK-Prüfverfahren nicht nach § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 ausgeschlossen.

2. Die Regelung schließt nach ihrem Wortlaut die nachträgliche Korrektur einer Krankenhausabrechnung nicht aus.

3. Auch systematische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 die Vergütung betreffende materielle Ausschlussfristen enthält.

 

Orientierungssatz

Eine nachträgliche Rechnungskorrektur verstößt nicht gegen den Rechtsgedanken von Treu und Glauben in der Form der Verwirkung.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 11.11.2019 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.918,59 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.08.2018 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 6.918,59 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung weiterer Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin, ein selbständiges Kommunalunternehmen in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt das A. ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. Die bei der Beklagten versicherte W. wurde dort in der Zeit vom 03.05. bis 20.05.2017 stationär behandelt.

Die Klägerin rechnete den Aufenthalt mit dem OPS 5-469.21 (andere Operation am Darm, Adhäsiolyse, laparoskopisch) nach der DRG G22B (Appendektomie oder laparoskopische Adhäsiologie bei Peritonitis oder mit äußerst schweren oder schweren CC, Alter über 9 Jahre, mit laparoskopischer Adhäsiologie oder Alter unter 16 Jahre, außer bei bösartigen Neubildungen) gemäß des Fallpauschalenkatalogs zur Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2017 (Fallpauschalenvereinbarung 2017 - FPV 2017) ab und stellte der Beklagten hierfür am 31.05.2017 einen Betrag von 6.001,01 € in Rechnung.

Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern ein, der die Klägerin am 12.06.2017 darüber informierte, dass eine Prüfung eingeleitet worden sei zur Klärung, ob die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer in vollem Umfang medizinisch begründet gewesen und die Hauptdiagnose korrekt sei.

Nach einer Begutachtung vor Ort am 04.10.2017 kam der MDK im Gutachten vom 05.10.2017 zu dem Ergebnis, dass die Hauptdiagnose (K50.0 - Crohn-Krankheit des Dünndarms) korrekt gewesen sei, aber zwei Fehlbelegungstage vorlägen. Im Rahmen der Fallbesprechung mit dem Krankenhausverantwortlichen habe Konsens bezüglich der gutachterlichen Bewertung bestanden.

Die Beklagte kürzte daraufhin den in Rechnung gestellten Betrag und zahlte an die Klägerin 5.443,31 €.

Im Nachgang führte die Klägerin eine Kodieränderung durch (nunmehr OPS 5-469.20 = andere Operation am Darm, Adhäsiolyse, offen chirurgisch) und rechnete nach der DRG G04Z ab (Adhäsiolyse am Peritoneum, Alter unter 4 Jahre oder mit schweren CC oder kleine Eingriffe am Dünn- und Dickdarm oder bestimmte Eingriffe an abdominalen Gefäßen mit äußerst schweren CC oder Implantation eines Antireflux-Stimulationssystems), was einen Rechnungsbetrag von 12.361,90 € ergab (Endabrechnung vom 01.08.2018). Ihre Rechnung vom 31.05.2017 stornierte sie.

Die Beklagte teilte der Klägerin am 10.08.2018 mit, dass die Rechnungsänderung unzulässig sei. Nach Abschluss des MDK-Prüfverfahrens seien Nachberechnungen gemäß § 7 Abs. 5 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 03.02.2016 (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV) ausgeschlossen.

Die Klägerin hat am 15.07.2019 Klage zum Sozialgericht (SG) Regensburg erhoben und die noch offene Zahlung aus dem streitigen Behandlungsfall in Höhe von 6.918,59 € nebst Zinsen hieraus geltend gemacht. Die Bestimmung des § 7 Abs. 5 PrüfvV stehe der Rechnungsänderung nicht entgegen. Sie regele lediglich, welchen Gegenstand der Gutachter seiner Prüfung zugrunde zu legen habe, schließe aber keineswegs aus, dass das Krankenhaus innerhalb der vom BSG gesetzten Grenzen nach Abschluss des MDK-Prüfverfahrens eine Rechnungskorrektur vornehme. Die Klägerin hat den OP-Bericht vom 15.05.2017 vorgelegt, dem zu entnehmen ist, dass der Eingriff zunächst laparoskopisch und nach Sichtung eines Konglomerattumors mittels einer Medianlaparotomie (Bauchschnitt) durchgeführt worden war.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Rechnungskorrektur mehr als neun Monate nach der MDK-Begutachtung vor Ort vorgenommen worden sei. Eine Berücksichtigung der geänderten Abrechnung sei daher nach § 7 Abs. 5 Satz 3 PrüfvV ausgeschlossen. Die Klägerin habe zudem ihre Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen, indem s...

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