Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Dezember 2003 insoweit abgeändert, als ein fluktuierender Tinnitus und eine Gleichgewichtsstörung im Sinne eines taumeligen Gefühls als weitere Folgen des Unfalls vom 22. Januar 1998 anzuerkennen sind und der Klägerin ab 6. April 1998 bis 31. März 1999 Rente nach einer MdE um 20 v.H. zusteht.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt 1/10 der außergerichtliche Kosten der Klägerin beider Rechtszüge.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente über den 28. Februar 1998 hinaus.

Die 1955 geborene Klägerin erlitt am 22. Januar 1998 auf der Heimfahrt von der Arbeitsstätte einen Verkehrsunfall, als ein anderes Fahrzeug seitlich in ihren Wagen fuhr. Mit der linken Schädelhälfte prallte sie gegen das Seitenfenster. Sie begab sich zunächst nach Hause, suchte jedoch noch am selben Tag wegen zunehmender Beschwerden einen Arzt auf. Laut dem Durchgangsarztbericht der Dres. G./M. vom 22. Januar 1998 erlitt sie eine Halswirbelsäulen-(HWS-) Distorsion. Röntgenaufnahmen des Schädels und der HWS ergaben keine knöcherne Verletzung. In dem Bericht des Neurologen Dr. E. vom 16. Februar 1998 wird eine noch bestehende leichte Benommenheit im Kopf sowie eine Missempfindung in den Extremitäten festgehalten. Nach eigenen Angaben habe die Klägerin etwa eine halbe Stunde nach dem Unfall massiv Kopfschmerzen bekommen. Er diagnostizierte eine cervikocephales Syndrom leichten Ausmaßes bei Zustand nach HWS-Beschleunigungstrauma.

Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des Schädels und der HWS vom 17. Februar 1998 ergab keinen Hinweis auf eine posttraumatische Hirnschädigung. An der HWS zeigte sich noch eine Streckfehlhaltung und eine Bandscheibenprotrusion C5/C6. Dabei handele es sich aber nicht um einen posttraumatischen Bandscheibenvorfall.

Prof. Dr. W. (Neurolog. Klinik im BKH G.) ging in seinem Bericht vom 19. März 1998 von einer erheblichen Schädelprellung und einer komplexen HWS-Distorsion aus. Die geklagten Sensibilitätsstörungen in beiden Händen und vorübergehend auch in beiden Beinen sprächen für eine Mitbeteiligung des Rückenmarks im Sinne einer Commotio spinalis. Es sei nicht von einer strukturellen Läsion am peripheren bzw. zentralen Nervensystem auszugehen. Er diagnostizierte ferner funktionelle Beschwerden in Form einer Visusstörung und Gangunsicherheit. Am 27. Mai 1998 berichtete Prof. Dr. W., das Cervikalsyndrom sei mittlerweile rückläufig.

Ein MRT vom 14. Mai 1998 ergab eine Steilstellung der HWS, eine geringe dorsomediane Diskusvorwölbung in Höhe C 5/6 sowie eine diskrete Protrusio im Segment C 6/7, jeweils ohne wirksame Beengung des Spinalkanals, eine fragliche Wurzelläsion in Höhe C 7/TH 1 links, reguläre Darstellung der knöchernen, discogenen und ZNS-Strukturen, keine intraspinale Einblutung und keinen Anhalt für eine Spinalkanalenge.

Die Beklagte holte ein unfallchirurgisches Gutachten nach Aktenlage durch Dr. G. vom 26. September 1998 ein. Bei der Klägerin hätten bereits zum Unfallzeitpunkt an der HWS leichte degenerative Veränderungen an den Bandscheiben der beiden untersten Segmente mit dadurch bedingter Bandscheibenprotrusion bestanden. Der Verkehrsunfall habe lediglich zu einer leichten Zerrung der HWS durch eine Querkollision ohne begleitende Verletzungen geführt. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis 28. Februar 1998 bestanden. Darüber hinaus bestünden keine bedeutsamen Unfallfolgen mehr. Das anhaltende Beschwerdebild sei nicht mehr Unfallfolge, sondern zum einen auf degenerative Vorschäden, zum anderen auf eine psychosomatische Komponente zurückzuführen.

Mit Bescheid vom 12. November 1998 erkannte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls an, lehnte jedoch einen Anspruch auf Rente ab. Die über den 28. Februar 1998 hinaus bestehenden Beschwerden im Bereich der HWS seien nicht auf den Versicherungsfall zurückzuführen. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1999 zurück. Bis 5. April 1998 bezog die Klägerin Verletztengeld.

Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Augsburg. Sie verspüre noch ein Knacken im HWS-Bereich bei bestimmten Bewegungen der HWS. Außerdem bestehe ein Drang zum Wasserlassen, wenn sie schwere Gegenstände trage. Schließlich schiele sie seit dem Unfall auf dem rechten Auge, da sie bei dem Unfall eine Prellung des Sehnervens erlitten habe. Das Sozialgericht holte Befundberichte und Röntgenaufnahmen ein, u.a. der Augenärztin Dr. S. . Diese berichtete, dass sie bei der Klägerin als Folge des Unfalls von 1998 keine ophthalmologischen Schäden habe feststellen könne. Der vom Sozialgericht beauftragte Orthopäde Dr. P. stellte in seinem Gutachten vom 6. August 1999 fest, dass die Klägerin eine leichte HWS-Distorsion erlitten habe. Im Verlauf hätten sich mannigfaltige subjektive Beschwerden eingestellt, ohne dass die klinischen, neurophysiologischen und radiologischen Unter...

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