Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsschutz forstwirtschaftlicher Unternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit ist auch bei selbständigen Unternehmern die objektive Handlungstendenz (Anschluss an BSG vom 18.03.2008 - B 2 U 2/07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1), ob der Unternehmer eine - hier: forstwirtschaftliche - Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird.

2. Für die Beurteilung, ob ein Verarbeiten von Holz zu Brennholz und die vorherige Lagerung des Holzes einschließlich Schutzmaßnahmen gegen Witterungseinflüsse Bestandteil eines forstwirtschaftlichen Unternehmens ist, ist von Bedeutung, ob das Holz aus dem forstwirtschaftlichen Unternehmen stammt und ob die konkrete Verrichtung nach der objektiven Handlungstendenz noch im sachlichen Zusammenhang mit forstwirtschaftlichen Tätigkeiten steht. Das kommt in Betracht bei Verarbeitung von Holz aus der eigenen Forstwirtschaft zu Brennholz, das für den Verkauf vorgesehen ist (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Bayerisches LSG vom 08.11.2005 - L 2 U 120/05).

3. Ein forstwirtschaftliches Unternehmen setzt grundsätzlich Bodenbewirtschaftung und damit Nutzungsrechte an forstwirtschaftlichen Flächen voraus (Anschluss an BSG vom 07.12.2004 - B 2 U 43/03 R, BSG vom 06.05.2003 - B 2 U 37/02 R).

Soweit das Mitglied eines sog. Holzrechtlerverbandes bzw. einer Genossenschaft (Mit-) Eigentümer forstwirtschaftlicher Flächen ist und die Holzrechte nutzt, die ihm allein aufgrund seiner Mitgliedschaft zustehen, entspricht diese Holzgewinnung seinem anteiligen Nutzungsrecht an den forstwirtschaftlichen Flächen; das so gewonnene Holz stammt aus seinem forstwirtschaftlichen Unternehmen.

Soweit über diesen Anteil hinaus weitere Holzbezugsrechte gegen Entgelt erworben werden, beruht das Fällen dieser Bäume nicht auf dem Nutzungsrecht an den forstwirtschaftlichen Flächen als Miteigentümer; dieses Holz stammt nicht aus dem eigenen forstwirtschaftlichen Unternehmen des Klägers.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28. März 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls.

Der 1936 geborene Kläger ist Eigentümer von 0,62 Hektar Forst.

Bei einem Sturz am 18.03.2010 erlitt er eine Sprunggelenksluxationsfraktur links mit Innenknöchelfraktur, Sprengung der Sprunggelenksgabel mit Syndesmosenruptur links (Maisonneuve-Verletzung) sowie eine Weichteilkontusion des linken Unterschenkels Grad II.

Zum Unfallablauf gab der Kläger laut Unfallanzeige vom 09.04.2010 und Durchgangsarztbericht vom 06.04.2010 an, dass er beim Schneeräumen auf einem Holzstapel ausgerutscht, rückwärts gestürzt und dabei mit dem linken Bein hängengeblieben sei. Der Unfallort habe ca. 100 Meter hinter seinem Hof gelegen.

In einem vom Kläger unterschriebenen Fragebogen wurde angegeben, dass das Holz, 4 Raummeter (Ster), im Sommer 2009 geschlagen worden sei, aus Holzrecht stamme und zur Brennholzverwertung vorgesehen gewesen sei. 50 % seien zum Heizen der Küche, 50 % als Brennholz für den Verkauf für verschiedene Abnehmer vorgesehen gewesen. Die Fragen zu B), die nur zu beantworten waren, wenn das Holz aus eigenem Wald / Baumwiesen bzw. aus Wald oder Baumwiesen von Angehörigen stammt, wurden gestrichen. Laut Gesprächsnotiz der Beklagten vom 14.04.2010 teilte der Kläger mit, er besitze ein 18 m langes Holzlager. Vom Rechtlerverband erhalte er jährlich einige Kubikmeter Holz, das er weiterverkaufe. Das gelagerte Holz diene als Brennholz für seine Küchenheizung und zum Verkauf, um seine Rente aufzubessern.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.04.2010 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Der Versicherungsschutz für den forstwirtschaftlichen Betrieb ende spätestens mit dem Abladevorgang von Holz auf der Hofstelle. Die weitere Verarbeitung des Holzes zu Brennholz sowie die Brennholzlagerung oder Arbeiten im Zusammenhang mit dieser bzw. das Holen von Brennholz für den täglichen Bedarf seien der unversicherten, privaten Haushaltung zuzurechnen.

Zur Begründung des am 18.05.2010 erhobenen Widerspruchs teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Angaben im Fragebogen von einem Bekannten des Klägers falsch ausgefüllt worden seien. Der Kläger könne sich nicht erklären, weshalb er den Fragebogen unterschrieben habe. Er leide an Parkinson und sei auf einem Auge zu über 50% sehbehindert. Der am Unfalltag bearbeitete Holzstapel habe einerseits zu einem nicht unerheblichen Teil aus zugekauftem Holz bestanden, andererseits aus Holz aus vier verschiedenen, jeweils ca. 8 ha großen Waldstücken, an denen Holzrechte dergestalt bestehen, dass sämtliche über Holzrechte verfügende Landwirte aus diesen Waldflächen jährlich eine bestimmte Anzahl Ster Holz e...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge