Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Wohnflächengrenze. Einpersonenhaushalt nach Ausscheiden des Kindes aus der Bedarfsgemeinschaft durch Bedarfsdeckung mit eigenem Einkommen. Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfzahl in der Wohngemeinschaft. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs 5 SGB 2 ist eine Personenmehrheit nach dem SGB 2 nur dann von rechtlicher Bedeutung, wenn die Voraussetzungen für eine Bedarfsgemeinschaft vorliegen. Dies gilt auch bei der Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten.

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.01.2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der 1948 geborene Kläger bezog in den Jahren 2005 bis 2009 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Er wohnt seit 1996 mit seinem 1987 geborenen Sohn (S.) in einer Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 61,5 qm und einer Gesamtmiete von 476,90 €; die Kaltmiete beträgt 409,03 € (zuvor 800 DM), die kalten Nebenkosten 41,96 €, die Heizkosten 14,38 € und die Kosten für Warmwasser 11,53 € (Mietbescheinigung vom 16.12.2004). Seit Abschluss der Ausbildung im Juli 2006 arbeitet S. als Großhandelskaufmann. Sein Nettoverdienst betrug 839,14 € im Juli 2007, 903,22 € im August 2007, 839,14 € im September 2007, 839,14 € im Oktober 2007, 1222,76 € im November 2007 und 852,17 € im Dezember 2007.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2007 Leistungen in Höhe von 576,25 € (davon 231,25 € Kosten der Unterkunft und Heizung); im Berechnungsbogen wurde erläutert, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gleichen Teilen auf die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft aufgeteilt worden seien (Bescheid vom 09.01.21007). Nach einem Schreiben des Beklagten vom 09.01.2007 mit dem Inhalt, dass die Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft den angemessenen Umfang übersteigen würden und er verpflichtet sei, bis zum 01.05.2007 die Kosten zu senken, wurden ihm mit Änderungsbescheid vom 10.04.2007 Leistungen für die Zeit von 01.05.2007 bis 30.06.2007 nur noch in Höhe von 510,76 € bewilligt (davon 165,76 € Kosten für Unterkunft und Heizung).

Auf den Fortzahlungsantrag vom 26.06.2007 hin bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 mit Bescheid vom 09.07.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 512,76 € (davon 165,76 € Kosten der Unterkunft und Heizung). Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2007 wurde der Bescheid vom 09.07.2007 dahingehend gefasst, dass die zu erstattenden Kosten der Unterkunft und Heizung auf 176,19 € bemessen wurden und der dem Kläger monatlich zustehende Betrag auf 523,19 € festgesetzt wurde; im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ab 01.05.2007 nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen seien, und diese sich auf 176,19 €, die Hälfte von 352,38 €, belaufen würden. Bei der Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten sei die Anzahl der Bewohner zugrunde zu legen, unabhängig davon, ob es sich um eine Wohn-, Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft handele. Bei einem Zwei-Personen-Haushalt für Wohnraum in der Gemeinde A-Stadt sei eine Miete von 338 € angemessen. Dabei sei die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter der Wohnungen im maßgeblichen räumlichen Bereich - nach den noch laufenden Ermittlungen zur Erstellung eines Mietspiegels: 5,20 €/ qm im unteren Preissegment - mit der angemessenen Wohnfläche für zwei Personen (65 qm) multipliziert worden. Zusätzlich seien die Heizkosten in Höhe von 14,38 € zu berücksichtigen, nicht aber die Kosten für Warmwasseraufbereitung, die bereits durch die Regelleistung abgegolten seien. Mit einem weiteren Bescheid vom 30.08.2007 wurden die dem Kläger für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007 zustehenden Leistungen nochmals in Höhe von 523,19 € bewilligt.

Der Kläger hat am 01.10.2007 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung weiterer 55,06 € pro Monat für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007 begehrt. Er hat bestritten, dass sein Bedarf für Unterkunft und Heizung den angemessenen Umfang übersteige. Der Beklagte hat erwidert, dass nach Abschluss der Ermittlungen des Landkreises Passau zur Erstellung eines Mietspiegels die angemessenen Unterkunftskosten für einen Zwei-Personen-Haushalt bei monatlich 338,65 € (5,21 €/qm x 65 qm) liegen würden (Kaltmiete ohne Kosten für Heizung und Warmwasser). Für den Mietspiegel seien die Mietpreise von 1398 Wohnungen im Landkreis Passau zugrunde gelegt worden.

Das Sozialgericht Landshut hat den Beklagten mit Urteil v...

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