nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung nach Aktenlage. Verletzung des rechtlichen Gerhörs. durch einen Autostau bedingten Nichtteilnahme an einer mündlichen Verhandlung. Anerkennung einer Krebserkrankung wie eine Berufskrankheit. Hinterbliebenenleistungen. Oro-Hypopharynx-Krebserkrankung. neue medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse. Prüfung des Sachverständigenbeirats
Leitsatz (redaktionell)
Medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse sind dann „neu'” i.S.v. § 551 Abs. 2 RVO, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch – also grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – feststeht, dass sie bei der letzten Änderung der BKV noch nicht berücksichtigt worden sind.
Normenkette
RVO § 551 Abs. 1-2, §§ 589-590, 539-540, 543-545; SGB VII §§ 212, 9 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.01.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach ihrem 1938 geborenen und 23.07.1978 verstorbenen Ehemann E. S. hat.
Der Versicherte war nach einer Lehre als Former bei der Firma M. (L.) von 1955 bis 1963 als Kernmacher, von 1963 bis 1967 als Ofenführer im Elektroschmelzofenbetrieb und von 1967 bis 1977 als Vorarbeiter in der Kokillenfacongießerei beschäftigt. Er verstarb nach einjähriger Krankheit an einem metastasierenden Plattenepithelkarzinom des Oro- und Hypopharynxbereichs.
Am 03.09.1984 erfolgte vom Betrieb eine Unternehmeranzeige wegen des Verdachts einer Berufskrankheit (BK). Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte eine Auskunft über Krankheiten des Versicherten von der AOK W. - Geschäftsstelle L. - vom 17.09.1984, Befundberichte des HNO-Arztes Dr.H. vom 25.09.1984, Betriebsarztes Dr.B. vom 05.11.1984, Nervenarztes Dr.M. vom 30.11.1977 und der Poliklinik (HNO) W. vom 14.06.1978/21.03.1978 bei und ließ Gutachten des Prof. Dr.V. vom 04.04.1985/01.10.1986 und des Prof. Dr.G. vom 10.06.1987 erstellen. Prof. Dr.V. führte aus, den Trinkgewohnheiten des Versicherten (10 - 12 Flaschen Bier täglich) sei die wesentliche Ursache für die Erkrankung zugekommen. Prof. Dr.G. bemerkte, zwar sei der Versicherte niedrigen Konzentrationen von Mangansplit, Ferro-Phosphor, Nickel, Ferro-Molybden, Nickel-Magnesium-Legierungen und Ferro-Siliziumdämpfen ausgesetzt gewesen, jedoch habe aufgrund allgemeiner statistischer Erfahrungen die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen beruflicher Exposition und der Entstehung eines Hypopharynx-Karzinoms nicht bestanden.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Gewerbearztes Dr.M. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.1987 die Anerkennung einer BK und damit die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach § 551 Abs 1 und 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) seien nicht gegeben.
Gegen den Bescheid hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, die Krebserkrankung des Versicherten im Bereich des Rachenraumes als BK anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren. Als Ursache der Krebserkrankung kämen in erster Linie Nickel-Chrom-Raucheinwirkungen in Betracht, die beim Sphäroguss entstanden seien sowie Crackprodukte in Form von polyzyklisch aromatischem Kohlenwasserstoff (PAK), inbesondere Benzo(a)pyrene.
Das SG hat die Messprotokolle der Beklagten sowie die Originalkrankengeschichte der Universitäts-HNO-Klinik W. beigezogen und am 18.04.1991 Messungen der als krebserzeugend in Betracht kommenden Schadstoffe im Rahmen eigens nach Angabe der Beteiligten nachgestellter historischer Arbeitsprozesse unter Abschaltung der Absaugung durchführen lassen (insbesondere Sphäroguss, Kokillenguss, Kokillenreinigung, Facon-Kokillenguss, Handguss, Block- und Plattenguss mit den früher gebräuchlichen Arbeitsstoffen). Eine relevante Nickel-Belastung der Atemluft konnte nicht bestätigt werden, PAK-Werte und Feinstaubkonzentration unterschritten die zulässigen Grenzwerte erheblich. Auf die Messprotokolle der beteiligten Institute (Bundesanstalt für Arbeitsschutz D. vom 02.11.1992, Institut F. , T. N. ; Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. vom 06.10.1992) wird Bezug genommen. Eine ergänzende Messung des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit (BIA) im Dezember 1994 zu dem bis 1974 in abnehmendem Maße in Halle 4 und 2 gebräuchlichen Formen-Trocknungsverfahren durch offenes Verschwelen von pechgebundenen Steinkohlenbriketts hat eine außergewöhnlich hohe Belastung der Luft mit polyzyklisch aromatischen Kohlewasserstoffen mit der Leitkomponente Benzo(a)pyren erbracht (Gutachten vom 08.02.1995).
Das SG hat sodann Gutachten der...