Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 147a Abs 1 SGB III.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.11.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie von Beiträgen zur Sozialversicherung für einen älteren Arbeitnehmer der Klägerin.
Die Klägerin ist eine Einzelfirma und betreibt ein Speditionsunternehmen. Das Arbeitsverhältnis mit ihrem 1943 geborenen Arbeitnehmer D. (F.) endete durch Kündigung der Klägerin zum 31.12.2002. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 29.11.2002 sei die Kündigung auf ausdrücklichen Wunsch des F. erfolgt.
Nach der Arbeitslosmeldung des F. zum 01.01.2003 bewilligte die Beklagte diesem am 23.01.2003 Alg in Höhe von 189,35 € wöchentlich auf der Grundlage eines (gerundeten) Bemessungsentgeltes (BE) von 405.- € (ungerundet 403,37 € wöchentlich).
Im Rahmen einer Anhörung gab F. an, dass gesundheitliche Gründe nicht für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses maßgeblich gewesen seien. Es gebe insoweit keine ärztlichen Feststellungen und er befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung. Ihm sei auch nicht ärztlicherseits geraten worden, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. In den letzten zwei Jahren vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei er lediglich in der Zeit vom 02.04.2002 bis 12.04.2002 aufgrund eines Betriebsunfalls arbeitsunfähig gewesen. Andere Sozialleistungen beziehe er nicht. Auf Nachfrage gab F. zudem an, dass der Unfall als Folge eines Zuckerschocks geschehen sei. Diabetes habe er jedoch nicht. Sein altersbedingter Gesundheitszustand habe den Ausschlag für seinen Wunsch gegeben, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden.
Auf Ankündigung der Beklagten, das an den F. gezahlte Alg sowie die damit in Zusammenhang stehenden Beiträge zur Renten, Kranken- und Pflegeversicherung seien von der Klägerin zu erstatten, brachte diese vor, das Arbeitsverhältnis sei auf Betreiben des F. beendet worden. Eine formale Betrachtung sei insoweit nicht angezeigt. Während des Jahres 2002 seien im Betrieb der Klägerin von Januar bis einschließlich Juli 15 Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden beschäftigt gewesen. In der Zeit bis Dezember 2002 habe diese Zahl zwischen 30 und 36 geschwankt. F. habe in der Folge einer schweren Zuckererkrankung einen Verkehrsunfall mit einem LKW verursacht. Insoweit habe dieser geltend gemacht, aufgrund der Erkrankung seine Tätigkeit im Betrieb nicht mehr verrichten zu können. Der Arbeitsplatzbeschreibung zufolge sei F. im Lager im Schichtbetrieb tätig gewesen. Der Einsatz als LKW-Fahrer sei teilweise im Schichtbetrieb zu verrichten gewesen. Die Arbeit als Fahrer sei überwiegend, die Arbeit im Lager ständig als mittelschwer anzusehen gewesen. Besondere Belastungen hätten durch Zeitdruck, Wettereinflüsse, häufiges Bücken sowie der Notwendigkeit Gewichte bis 30 kg zu heben bestanden. Als Hilfsmittel seien Stapler, Hubwagen und Sackkarren vorhanden gewesen.
Mit Bescheid vom 07.08.2003 setzte die Beklagte den Erstattungsbetrag für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.07.2003 mit 9.223,62 € fest (Alg: 5.734,60 €; KV-Beitrag: 1.417,11 €; PV-Beitrag: 166,14 €; RV-Beitrag: 1.905,77 €). Die Erstattungspflicht bestehe dem Grunde nach, denn es liege eine Arbeitgeberkündigung vor. Auf den Willen des Arbeitnehmers komme es nicht an. Andere Sozialleistungen könne F. nicht beanspruchen. Der Erstattungsbetrag sei jedoch gemäß § 147a Abs 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) um zwei Drittel auf 3.074,51 € zu mindern.
Im Widerspruch brachte die Klägerin ergänzend vor, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob ihr Arbeitnehmer tatsächlich an Diabetes leide. Dieser habe sich - nach eigenem Bekunden - nicht mehr in der Lage gesehen, die ihm obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Man habe ihm auch angeboten zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterzuarbeiten. Dies habe F. jedoch abgelehnt.
Im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 07.10.2003 führte die Beklagte aus, dass Anhaltspunkte für einen Anspruch auf Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente nicht vorlägen; Ermittlungen ins Blaue hinein seien insoweit nicht veranlasst. Soweit ein Arbeitgeber mit einer Willenserklärung zur Beendigung der Beschäftigung beitrage, könne er sich nicht auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III berufen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erstattungsregelung bestünden nicht.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Verantwortung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses liege beim Arbeitnehmer. Insoweit sei eine materielle Betrachtungsweise angezeigt, so dass die Voraussetzungen des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III vorlägen. Zudem habe F. aufgrund einer Zuckererkrankung einen LKW...