Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagerücknahme. Erledigungserklärung. Prozesshandlung. Wiederaufnahme des Verfahrens. Nichtigkeitsklage. Restitutionsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Jedenfalls in einem gerichtskostenfreien Verfahren führt die einseitige Erledigungserklärung des Klägers zur Beendigung des Verfahrens.

2. Die Erledigungserklärung kann nicht nach den Vorschriften des BGB angefochten werden.

 

Normenkette

SGG §§ 102, 179-180; ZPO §§ 579-580

 

Tenor

I. Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Regensburg vom 1. Juli 2008 mit den Az.: S 8 AS 471/08, S 8 AS 472/08. S 8 AS 473/08, S 8 AS 474/08, S 8 AS 475/08, S 8 AS 476/08, S 8 AS 477/08, S 8 AS 478/08 und S8 AS 479/08 werden zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die sozialgerichtlichen Verfahren Az. S 8 AS 103/07, S 8 AS 106/07, S 8 AS 320/07 und S 8 AS 336/08 bis 341/08 durch die in der mündlichen Verhandlung am 30.05.2008 abgegebene Erledigungserklärung erledigt worden sind.

Der 1943 geborene Kläger bewohnt allein ein 1-Zimmer-Appartement, für das er eine Grundmiete in Höhe von € 235,-, Betriebs- und Nebenkosten in Höhe von € 80,- sowie Kosten für Heizung und Warmwasser in Höhe von € 80,-, d.h. insgesamt € 395,- monatlich im Voraus zu entrichten hat. Nach Ablauf des jährlichen Abrechnungszeitraums erfolgt jeweils unter Vorlage der Endabrechnungen eine exakte Abrechnung der gesamten Heiz- und Nebenkosten.

Der Kläger bezog im Anschluss an Leistungen der Sozialhilfe ab 01.01.2005 bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres am 22.05.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Da er kein Einkommen erzielte und nicht über Vermögen verfügte, bewilligte die Beklagte ihm die volle Regelleistung sowie Kosten der Unterkunft und Heizkosten - unter vorläufigem Abzug eines Sechstels für Kosten der Warmwasserversorgung in Höhe von monatlich € 4,16 - in tatsächlicher Höhe. Nach Vorlage der jährlichen Endabrechnungen berechnete die Beklagte ihre Leistungen erneut unter Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Kosten für Warmwasser, Heiz- und Nebenkosten. Da bereits der Sozialhilfeträger die Kosten für die Miete einschließlich Heiz- und aller Nebenkosten direkt an den Vermieter gezahlt hatte, führte die Beklagte diese Praxis fort und zahlte an den Kläger nur die um die Kosten für Warmwasser verminderte Regelleistung aus.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg mit dem Az. S 8 AS 103/07 begehrte der Kläger in seinem Schriftsatz vom 07.02.2007, dass die Beklagte für die Warmwasserkosten nur € 2,90 monatlich von der Regelleistung abziehen dürfe, sie ihm für den Zeitraum von Januar 2005 bis Januar 2007 € 195,24 sowie ab Februar 2007 monatlich € 1,26 nachzuzahlen habe und die Geschäftsführerin der Beklagten zu entlassen sei.

Das Sozialgericht Regensburg trennte mit Beschluss vom 08.02.2007 das Verfahren hinsichtlich der Entlassung der Geschäftsführerin der Beklagten ab und führte es unter dem Az. S 8 AS 106/07 weiter. Mit weiterem Beschluss vom 25.04.2008 trennte es sechs weitere Verfahren auf Grund unterschiedlicher Bewilligungszeiträume, die jeweils eigenständige Streitgegenstände seien, ab und führte sie unter dem Az. S 8 AS 336/08 (Bewilligungszeitraum vom 01.01. bis 31.10.2005), Az. S 8 AS 337/08 (Bewilligungszeitraum vom 01.11. bis 30.04.2006), Az. S 8 AS 338/08 (Bewilligungszeitraum 01.05. bis 31.10.2006), Az. S 8 AS 339/08 (Bewilligungszeitraum vom 01.11.2006 bis 31.01.2007), Az. S 8 AS 340/08 (Bewilligungszeitraum 01.02.2007 bis 30.04.2007) und Az. S 8 AS 341/08 (Bewilligungszeitraum vom 01.05.2007 bis 30.06.2007) weiter. In dem Verfahren S 8 AS 320/07 hatte sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2007 hinsichtlich des Bewilligungszeitraums vom 01.07.2007 bis 31.10.2007 gewandt.

In der gemeinsamen mündlichen Verhandlung dieser Verfahren am 30.05.2008 hatte der Kläger nach Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses erklärt: "Ich erkläre sämtliche meiner anhängigen Klagen für erledigt". Der Beklagtenvertreter stimmte der Erledigungserklärung zu. Im Protokoll folgt der Satz: "Damit sind die Rechtsstreite vollumfänglich erledigt". Nach dem Protokoll wurden diese Erklärungen vorgelesen und genehmigt.

Mit Schreiben vom 02.06.2008 widerrief der Kläger seine "nicht durchdachte Einwilligung" zur Beendigung der Streitsachen, weil der Richter vollkommen falsche Aussagen gemacht und ein miserables Ziel verfolgt habe. Dieser habe den zweifelsfrei nachgewiesenen Wasserverbrauch mit Energieverbrauch verwechselt. Er erhebe daher den Vorwurf, dass dieser Richter geistig nicht in der Lage und auch nicht gewillt sei, den Sachverhalt richtig zu beurteilen.

Das Sozialgericht stellte nach entsprechenden Anhörungsmitteilungen an die Beteiligten mit Gerichtsbescheiden vom 1. Juli 2008 fest, das...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge