Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenhöhe. Renditeerwartung aufgrund der Beitragszahlung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung stellen keine Rendite aus der vom Versicherten erbrachten Beitragsleistung dar.
2. Die Frage der Rechts- und Verfassungsmäßigkeit einer Bewilligung von Altersrente ist weder an Renditeberechnungen noch durch Vergleiche mit anderen Formen der Alterssicherung zu bemessen.
3. Zur Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung als umlagefinanzierte generationsübergreifende Solidarversicherung.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 21. März 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Altersrente des Klägers streitig.
Der 1947 geborene Kläger trat am 01.08.1963 in das Erwerbsleben ein. Der Versicherungsverlauf weist Beitragszeiten von insgesamt 410 Monaten auf. Der letzte Pflichtbeitrag aufgrund abhängiger Beschäftigung wurde für Juli 1998 erbracht, bis Februar 2001 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Danach sind nunmehr Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gespeichert. Auf Antrag des Klägers vom 31.01.2007 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2007 ab 01.05.2007 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zuzüglich Krankenversicherungszuschuss in Höhe von insgesamt Euro 1227,89 monatlich. Aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme wurde hierbei die Summe aller Entgeltpunkte von 53,4579 entsprechend des Zugangsfaktors von 0,820 auf 43,8355 verringert.
Gegen die Bewilligung legte der Kläger am 14.05.2007 Widerspruch ein und brachte vor, dass die von ihm zeitlebens gezahlten Beiträge unter Kapitalisierungsgesichtspunkten wie auch im Vergleich mit entsprechenden Betriebsrenten in keinem Verhältnis zum nunmehr tatsächlich gezahlten Rentenbetrag stünden. Er gehe davon aus, dass die Rentenberechnung in seinem Fall zutreffend erfolgt sei. Jedoch würden angesichts des in seinem Fall offensichtlichen Missverhältnisses zwischen Beiträgen und Leistungen die Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung gegen die Verfassung, insbesondere gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen. Mit Bescheid vom 16.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Rente sei zutreffend berechnet, die gesetzlichen Vorgaben richtig angewandt worden. Es sei daneben nicht ihre Aufgabe, Renditeberechnungen anzustellen und die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.08.2007 Klage zum Sozialgericht München (SG). Alternativ zur Neuberechnung der Altersrente ohne negative Rendite wurde nunmehr die Rückerstattung der von ihm geleisteten Rentenbeiträge nebst Zinsen, hilfsweise die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht begehrt. Nachdem eine für den 10.06.2010 anberaumte mündliche Verhandlung aufgrund der Verhinderung der zwischenzeitlich vom Kläger mandatierten Prozessbevollmächtigten wieder abgesetzt werden musste, wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2011 als unbegründet ab. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten, auf welchen nach § 136 Abs. 3 SG verwiesen wurde, sei zutreffend. Die Berechnung der Rente sei, wie der Kläger selbst einräume, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erfolgt. Die Rentenhöhe bestimme sich danach im Wesentlichen nach der Höhe des Arbeitsentgelts, das durch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung versichert worden sei. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen bestünden keine Bedenken. Ein Anspruch auf positive Rendite sei aus den gesetzlichen Vorschriften nicht ableitbar. Der Hilfsantrag auf Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge sei unzulässig, da diesbezüglich bisher keine Verwaltungsentscheidung ergangen sei.
Am 29.04.2011 legten die Bevollmächtigten des Klägers ohne konkreten Antrag und Begründung Berufung ein. Nachdem der Kläger deren Prozessvollmacht widerrufen hatte, begründete er mit Schriftsatz vom 31.05.2012 die Berufung erneut mit der Verfassungswidrigkeit der geltenden Bestimmungen zur Rentenberechnung. Zwar sei die Berechnung der Rente nach den vorliegenden Daten korrekt erfolgt, angesichts der Höhe der gezahlten Rente sei jedoch die Verhältnismäßigkeit zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung nicht mehr gewährleistet. Aus seinen Berechnungen ergebe sich für die bewilligte Altersrente eine negative Rendite von mindestens -3,6 %. Demgegenüber hätten beispielsweise die von ihm zu Betriebsrente gezahlten Beiträge eine positive Rendite von 3,89 % erbracht. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Dr. Papier, habe in der Presse die Auffassung vertreten, dass der auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung gelten...