Entscheidungsstichwort (Thema)

Grad der Behinderung. Bewusstseinsstörungen. Bildung des Gesamt-GdB. Merkzeichen G

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Feststellung des Grades der Behinderung sowie der Voraussetzungen des Merkzeichens G nach § 69 SGB IX.

 

Normenkette

SGB IX §§ 69, 145 Abs. 1 S. 1; BVG § 30

 

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger (Kl.) einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 60 und das Merkzeichen G hat.

Der 1965 geborene Kl. beantragte am 13.09.2006 die Feststellung einer Behinderung und deren Grades nach dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Mit Bescheid vom 16.03.2007 stellte der Beklagte (Bekl.) einen GdB von 40 fest. Es liege nur eine einzige Gesundheitsstörung vor, nämlich eine Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts verbunden mit einem chronischen Schmerzsyndrom.

Dem dagegen am 26.03.2007 eingelegten Widerspruch des Kl. half der Bekl. am 21.05.2007 teilweise ab, indem er einen GdB von 50 anerkannte und diesen mit folgenden Gesundheitsstörungen begründete:

1. Seelische Störung mit chronifiziertem Schmerzsyndrom, psychotherapeutisch behandelt, Einzel-GdB: 40

2. Funktionsbehinderung des Schultergelenks rechts, Einzel-GdB: 30

Die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G lägen nicht vor.

Im Übrigen wies der Bekl. den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2007 zurück. In der Begründung wurde der Einzel-GdB für die seelische Störung - einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.06.2007 folgend - von 40 auf 30 korrigiert.

Am 23.10.2007 erhob der Kl. dagegen bei dem Beklagten "Einspruch" und teilte am 02.11.2007 mit, dass er wünsche, dass dieses Schreiben als Klageschrift an das Sozialgericht weitergeleitet werden.

Das Sozialgericht München (SG) hat den Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. D. zum Sachverständigen ernannt, der in seinem Gutachten vom 22.01.2008 eine beginnende Schwerhörigkeit links diagnostizierte, die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sei, der sich auf den Gesamt-GdB nicht auswirke. Eine Gleichgewichtsstörung habe nicht objektiviert werden können.

Weiter hat das SG ein Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. F. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.07.2008 festgestellt, dass die Funktionsbehinderung der rechten Schulter mit einem Einzel-GdB von 30 so hoch eingestuft sei, wie wenn die Schulter vollständig versteift wäre. Ein darüber hinausgehender GdB sei mit den Anhaltspunkten 2008 nicht zu vereinbaren, da trotz heftigster Schmerzäußerungen und Gegenspannungen noch Bewegungen im rechten Schultergelenk ausgeführt werden könnten, immerhin aktiv eine Armhebung zur Seite bis 100°. Eine Erhöhung des Gesamt-GdB komme deshalb nicht in Betracht.

Schließlich hat das Gericht den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. zum Sachverständigen bestimmt, der in seinem Gutachten vom 04.03.2009 zu dem Schluss gekommen ist, dass die Einstufung mit einem Gesamt-GdB von 50 bereits hoch erscheine, wobei folgende Gesundheitsstörungen vorlägen:

1. Persönlichkeitsstörung, Einzel-GdB: 30

Dazu führt der Sachverständige aus, in diagnostischer Hinsicht stehe die Persönlichkeitsstörung des Klägers im Vordergrund, die geprägt sei durch eine gewisse emotionale Instabilität, zum Teil anankastisch querulatorische Züge sowie eine verminderte Impulskontrolle. Es handle sich dabei nicht um eine psychische Erkrankung im engeren Sinne, sondern um einen wohl primärpersönlich angelegten Wesenszug, der allerdings aufgrund seiner Ausprägung einen gewissen Krankheitswert habe. Eine wesentliche Minderung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit gehe davon nicht aus. Der Kl. sei nach seinen eigenen Angaben viel unterwegs, verbringe die Vormittage üblicherweise in der M. Innenstadt, wo er spazieren gehe. Er lese viel, höre Musik, schaue TV, fahre in seiner Freizeit mitunter mit dem Rad oder mache Dauerläufe. Der Kl. lebe nach eigenen Angaben in einer sehr harmonischen Partnerbeziehung, so dass weder von einer wesentlichen Minderung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen sei, noch von einer sozialen Desintegration. Von nervenärztlicher Seite erscheine deshalb der versorgungsamtlicherseits bereits bekannte Einzel-GdB von 30 als bereits relativ hoch bemessen.

2. LWS-Syndrom, Einzel-GdB: 20

3. chronifizierte Spannungskopfschmerzen, kein messbarer Einzel-GdB

Alle drei Gutachter haben feststellt, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens G nicht vorlägen.

Der Kläger hat vor dem SG die Feststellung eines höheren GdB sowie die Zuerkennung des Merkzeichens G beantragt.

Durch Gerichtsbescheid vom 06.04.2009 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung auf die eingeholten Sachverständigengutachten verwiesen.

Gegen den ihm am 15.04.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kl. am 15.04.2009 beim Bayerischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Nachdem sich der Kl. zwei Bandscheibenoperationen unterzogen und deshalb ...

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