Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. innere Ursache
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles bei einem an Epilepsie bzw Krampfanfällen leidenden Versicherten, der infolge eines Sturzes am Arbeitsplatz wegen einer schweren Schädelhirnverletzung verstarb.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin aus Anlaß des Todes ihres Ehemannes am 09.01.1994 Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen hat.
Am 10.01.1994 meldete der Arbeitgeber den Tod des Ehemannes der Klägerin, K M (M.). Der am 1951 geborene M. war seit 1965 bei der Fa.S als Mälzer beschäftigt. Am 09.01.1994, einem Sonntag, erschien er laut Stempelkarte um 07.29 Uhr in der Brauerei, denn die Malzherstellung ist ein biologischer Vorgang, der auch am Sonntag weitergeführt werden muß. Die notwendigen Arbeiten dauerten erfahrungsgemäß ca. 1,5 Stunden. Um 9.02 Uhr erschien der Brauer M G zum Dienstantritt in der Brauerei. Im Aufenthaltsraum fand er kurz darauf M. auf dem Fußboden der offenstehenden Tür zum Umkleideraum. Er lag auf seiner rechten Körperseite mit dem Kopf auf dem rechten Arm in Höhe der Tür und war bewußtlos. In unmittelbarer Nähe waren 4 Stühle umgekippt. Da sich der Zustand des M. nicht besserte, wurde ein Notarzt gerufen, der ihn ins St. Krankenhaus S bringen ließ, von wo er in die Universitätsklinik R verlegt wurde. Dort verstarb er gegen 15.40 Uhr. Todesursache war ein Schädelhirntrauma; die behandelnden Ärzte nahmen an, daß ein Sturz im Krampfanfall erfolgt sei. Der Allgemeinarzt Dr.Z, bei dem der Kläger seit 16.04.1991 in Behandlung stand, bestätigte Krampfanfälle mit anschließenden Krankenhausbehandlungen: 01.04., 17.08., 26.12.1992 und 27.06.1993. Dr.Z erklärte, er habe M. zuletzt am 15.10.1993 gesehen, damals sei der Medikamentenspiegel zu niedrig gewesen. Auch im St. B Krankenhaus S wurde bei dem stationären Aufenthalt nach cerebralem Krampfanfall vom 27.06. - 12.07.1993 darauf hingewiesen, der Patient nehme das verordnete Medikament nur sehr unregelmäßig ein.
Mit Bescheid vom 20.04.1994 lehnte die Beklagte eine Entschädigung ab. Den Widerspruch vom 02.05.1994 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.1994 mit der Begründung zurück, weder eine versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt noch der genaue Unfallhergang seien zu beweisen.
Hiergegen hat sich die Klage vom 12.01.1995 zum Sozialgericht Regensburg (SG) gerichtet, mit der die Klägerin eingewendet hat, M. sei mit seinen nassen Gummischuhen auf dem Fliesenboden des Aufenthaltsraumes ausgerutscht. Gegen einen Krampfanfall spräche, daß M. zu Hause keinerlei Anzeichen für einen kommenden Anfall gespürt habe und außerdem kein Zungenbiß festgestellt worden sei.
Mit Urteil vom 21.05.1995 hat das SG die Klage abgewiesen. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis sei im Sinne der Wahrscheinlichkeit nicht erwiesen.
Mit der Berufung vom 18.07.1995 macht die Klägerin geltend, M. sei aufgrund der betrieblichen Tätigkeit ausgerutscht und gestürzt. Ein epileptischer Anfall sei auszuschließen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16.06.1995 und den Bescheid der Beklagten vom 20.04.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Sterbegeld und Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie auf die Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der geltend gemachte Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII i.V.m. § 580 RVO).
Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Sterbegeld und Witwenrente i.S.d. § 589 RVO ist nicht gegeben, da der Versicherte am 09.01.1994 keinen Arbeitsunfall erlitten hat.
Ein Arbeitsunfall setzt nach § 548 Abs.1 RVO einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Begriff des Unfalls fordert ein äußeres Ereignis, d.h. einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang, der rechtlich wesentlich den Körperschaden verursacht hat (BSGE 23, 139, 141). Das äußere Ereignis muß mit der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängen. Dabei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, d.h. sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt nur insoweit, als der ursächliche Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der de...