Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. Wechsel der Rentenart. Altersrente für Frauen. Altersrente für langjährig Versicherte. Ausschluss auch für zukünftige Zeiten. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 34 Abs 4 Alt 2 SGB 6 ("Zeiten des Bezugs") idF ab 1.1.2008 schließt den Wechsel in eine andere Rentenart nicht nur für abgelaufene Zeiten des Bezuges einer Altersrente sondern auch für zukünftige Zeiten aus.
2. Eine entgegenstehende Auslegung ist auch nicht unter dem Aspekt der eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften nach Art 14 Abs 1 GG vorzunehmen.
Nachgehend
BSG (Urteil vom 27.06.2012; Aktenzeichen B 5 R 98/11 R) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 05.07.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2009, mit dem die Beklagte eine Umwandlung der von der Klägerin bezogenen Altersrente für Frauen in eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.11.2008 abgelehnt hat.
Die 1944 geborene Klägerin beantragte am 06.07.2004 bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für Frauen nach § 237a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab dem 01.10.2004, die ihr mit Bescheid vom 07.10.2004 in Höhe von 771,44 € monatlich bewilligt wurde. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2004 zur Fristwahrung Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 27.11.2004 wurde der Widerspruch dahingehend begründet, dass sich der Widerspruch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung richte. Die Erhöhung der Beiträge von 0,85 % auf 1,7 % durch die gesetzliche Neuregelung sei verfassungswidrig, weil sie dem Gleichheitsgrundsatz aller Versicherten nicht gerecht werde. Pflichtversicherte Beschäftigte hätten nur den Beitragssatz von 0,85 % zu entrichten. Der Gesetzgeber wäre gehalten gewesen, für rentennahe Jahrgänge Übergangsregelungen zu treffen. Eine Entscheidung der Beklagten über diesen Widerspruch ist nicht erfolgt.
Mit weiterem Schreiben vom 27.11.2004 bat die Klägerin um Auskunft, in welcher Weise sich Rentenversicherungsbeiträge aus einer geringfügigen Beschäftigung unter Verzicht auf die Versicherungsfreiheit auf die Berechnung der Entgeltpunkte für die Altersrente zum 65.Lebensjahr auswirken würde. Mit Schreiben vom 30.12.2004 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass die Klägerin ja bereits eine Vollrente wegen Alters seit dem 01.10.2004 beziehe und somit nach § 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI versicherungsfrei sei. Auf diese Versicherungsfreiheit könne nicht verzichtet werden. Ggf. zu Unrecht gezahlte Beiträge seien zu erstatten. Es werde empfohlen, sich diesbezüglich mit dem Arbeitgeber in Verbindung zu setzen. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.01.2005 Widerspruch ein. Sie beziehe keine Vollrente, da ihre Altersrente wegen Abschlägen um 17,1 % gekürzt sei. Die Regelung des § 8 Abs 3 SGB VI sei neueres Recht. Geringfügig entlohnte Beschäftigte könnten auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Dies habe die Klägerin getan. Mit dem Verzicht auf die Versicherungsfreiheit sei Versicherungspflicht eingetreten. Es müsse ihr als Rentenbezieherin mit einer erheblichen Kürzung der Altersrente gestattet sein, ihre Rente durch Zahlung von weiteren Pflichtbeiträgen bis zum 65.Lebensjahr (Rente für die Regelaltersrente) zu verbessern. Sofern dies nicht möglich sei, existiere eine Gesetzeslücke, die durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auszufüllen wäre. Nach Kontaktaufnahme der Beklagten mit der Minijobzentrale bezüglich der zu Unrecht entrichteten Beiträge aus der geringfügigen Beschäftigung wies die Beklagte schließlich den Widerspruch "gegen den Bescheid vom 30.12.2004" mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2006 als unbegründet zurück. Die von der Klägerin ab 01.10.2004 bezogene Altersrente für Frauen sei eine Vollrente wegen Alters und führe damit zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI. Für die Zeiten der geringfügigen Beschäftigung ab dem 01.10.2004 sei daher die Zahlung von Aufstockungsbeiträgen nicht mehr zulässig. Die hiergegen am 12.04.2006 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage, die unter dem Az. S 2 R 4117/06 geführt wurde, hat das SG mit Urteil vom 23.04.2007 als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin beziehe eine Altersrente für Frauen als Vollrente, so dass gemäß § 5 Abs 4 Nr. 1 SGB VI Versicherungsfreiheit bestünde. Es liege keine Gesetzeslücke vor, da die Klägerin die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme einer Teilrente oder zur Aufstockung der Beiträge vor Inanspruchnahme einer Altersrente nach § 187 a SGB VI hätte nutzen oder durch einen späteren Rentenbeginn die Abschläge hätte reduzieren können. Hiergegen legte die Klägerin am 25.05.2007 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht ein, die zunächst unter dem Az. L 18 R 415/07 geführt wurde. Im Rahmen eines Erört...