Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung einer Aufwandpauschale nach sachlich-rechnerischer Prüfung einer Krankenhausabrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 275 Abs. 1c S. 4 ist nicht auf Prüffälle vor dem 01.01.2016 anzuwenden.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.10.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 300,- € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung einer Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro.

Der bei der Beklagten versicherte D im wurde im Krankenhaus der Klägerin vom 14. Juli 2010 bis 4. August 2010 stationär behandelt. Die Klägerin stellte für diesen Aufenthalt am 3. September 2010 gegenüber der Beklagten einen Betrag in Höhe von 3662,31€ in Rechnung. Die Beklagte beauftragte daraufhin am 23. September 2010 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) mit den Fragestellungen, ob die Nebendiagnosen korrekt kodiert sei, eine medizinische Notwendigkeit zur stationären Behandlung bestand und ob eine Überschreitung der oberen Grenzverweildauer vorlag.

Der MDK gelangte in seiner Stellungnahme vom 2. Dezember 2010 zu dem Ergebnis, dass die stationäre Behandlung des Patienten medizinisch notwendig und auch die gesamte Verweildauer plausibel gewesen sei. Nicht belegt sei jedoch die Nebendiagnose J 96.1 , es ergebe sich die Nebendiagnose J 44.99 , so dass sich daran anknüpfend die DRG E 75C ergebe. Die von der Klägerin ermittelte DRG E 75 B sei insofern nicht korrekt.

Durch die Nachkodierung war der Behandlungsfall um 866,09 € höher abzurechnen, so dass die Klägerin am 31. Dezember 2010 einen erhöhten Rechnungsbetrag von 4.530,95 € geltend machte. Weiter stellte die Klägerin der Beklagten am 17. Februar 2011 die hier streitige Aufwandspauschale in Höhe von 300 € in Rechnung. Nachdem die Beklagte der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, hat die Klägerin am 29. Dezember 2014 Leistungsklage zum Sozialgericht München erhoben. Die Aufwandspauschale sei auch dann zu entrichten, wenn die Prüfung nicht zu einer Minderung, sondern zu einer Erhöhung des Rechnungsbetrages führe. Dass die Klägerin die ursprüngliche Rechnung auf null gesetzt habe, sei unerheblich, da der Gesetzeswortlaut eindeutig auf den Abrechnungsbetrag abstelle. Mithin ziele die Gesetzesintention des§ 275 Abs. 1c S. 3 SGB V gerade darauf ab, erheblichen Verwaltungsaufwand für das Krankenhaus durch unspezifische Anfragen der Krankenkasse zur Verschlüsselung der Nebendiagnose als auch zur Verweildauer zu verhindern.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, dass die Aufwandspauschale nicht zu entrichten sei, da das Krankenhaus durch die MDK-Prüfung profitiert habe und es nicht gerecht wäre, wenn die gesetzliche Krankenversicherung in diesem Fall noch eine Aufwandspauschale an das Krankenhaus zu zahlen hätte.

Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und seine Entscheidung darauf gestützt, dass Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck von§ 275 Abs. 1c SGB V sowie die vom Gesetzgeber zum 1. Januar 2016 vorgenommene Korrektur der BSG-Rechtsprechung in Satz 4 des§ 275 Abs. 1c SGB V , welche nunmehr eine Legaldefinition für den - auch bereits vor Inkrafttreten der Klarstellung verwendeten - Begriff der Prüfung in Satz 1 enthalte. Danach seien sowohl die sachlich-rechnerischen Prüfungen als auch die Auffälligkeitsprüfung vom Begriff der Prüfung umfasst. Da es sich nur um eine Klarstellung durch den Gesetzgeber und nicht um eine Änderung des Gesetzes gehandelt habe, sei diese klarstellende Regelung auch auf Prüfsachverhalte vor dem 01.01.2016 anzuwenden.

Die Beklagte hat gegen diese Entscheidung die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt und ihren erstinstanzlichen Vortrag vertieft. Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten wurde mit Beschluss vom 28.03.2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Auf Antrag der Beklagten vom 13.11.2019 wurde das Verfahren fortgesetzt. Beide beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.10.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Gerichtsakten beider Rechtszüge waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Ergänzend wird hierauf Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 153 Abs. 1 ,124 Abs. 2 SGG ), nachdem die Beteiligten jeweils hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen des im Ergebnis ohne Minderung durchgeführten Prüfverfahrens zu dem Behandlungsfall des Versicherten keinen Anspruch auf eine Aufwandspauschale i.H.v. 300,- € nebst Prozesszinsen. Der Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale ist dem Grunde und der Höh...

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