Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsbeschädigtenversorgung. Hilfsmittel. Motorfahrzeug. Änderung. Automatikgetriebe. Serienausstattung. höhere Kilowattleistung. Kostenübernahme
Orientierungssatz
Kein Anspruch auf Übernahme der Kosten gemäß § 27 Abs 1 Nr 2 OrthV bei einem Kfz das serienmäßig in zwei Versionen angeboten wird, die sich nur durch die Ausstattung der einen Version mit der vom Beschädigten benötigten Sonderausstattung (hier: Automatikgetriebe) sowie einer durch die Automatik bedingten, unwesentlich höheren Kilowattleistung unterscheiden.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte die Kosten für die serienmäßige Ausstattung des Kraftfahrzeugs (Kfz) des Klägers mit einem automatischen Getriebe nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu übernehmen hat.
Bei dem Kläger ist ua als Schädigungsfolge der Verlust des rechten Unterschenkels anerkannt. Sein Führerschein enthält ua die Auflage, "Beschränkt auf Kraftwagen mit Getriebeautomatik". Am 31.08.1993 waren dem Kläger die notwendigen Kosten für ein Automatikgetriebe in Höhe von 1673,35 DM erstattet worden. Im August 1997 kaufte der Kläger ein neues Kfz vom Typ Hyundai Accent 1,3 GS 5-türig, Automatik. Der Beklagte lehnte es ab, Kosten für die Automatik zu übernehmen, weil sie zur Serienausstattung des gekauften Kfz gehöre (Bescheid vom 01.10.1997, Widerspruchsbescheid vom 08.05.1998).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth hat der Kläger weiterhin die Erstattung der Mehrkosten für ein Automatikgetriebe begehrt. In einer vom SG eingeholten Auskunft hat das Autohaus M.H den Listenpreis für das vom Kläger gekaufte Fahrzeug mit 25.340,-- DM beziffert und erklärt, daß es parallel zur Automatikversion ein Fahrzeug mit identischer Ausstattung ohne Automatik gebe. Die beiden Modelle unterschieden sich lediglich in bezug auf die Leistung, die bei der Automatikversion um 7 kW höher sei. Der Listenpreis ohne Automatik betrage 23.640,-- DM.
Das SG hat mit Urteil vom 18.03.1999 den Bescheid vom 01.10.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 08.05.1998 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Antrag des Klägers vom 20.08.1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, das vom Kläger beschaffte Fahrzeug mit Automatik sei völlig identisch mit dem Fahrzeug ohne Automatik. Zwar habe die Automatikversion eine um 7 kW höhere Leistung, diese höhere Leistung sei aber bauartbedingt wegen des Automatikgetriebes erforderlich.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Rechtsauffassung des SG stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Bei der vorliegenden Kostensituation könne auch nicht von einer sogenannten "fabrikmäßigen Sonderausstattung" iS des Rundschreibens des Bundesministers für Arbeit (BMA) vom 07.11.1995 -- VI 3 -- 5 2222 -- 5) gesprochen werden. Wegen der höheren kW-Leistung des Automatikfahrzeugs fehle es an einem identischen Fahrzeug mit Schaltgetriebe.
Der Berufungskläger beantragt,
das Urteil des SG Bayreuth vom 18.03.1999 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 01.10.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 08.05.1998 abzuweisen.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 18.03.1999 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die orthopädischen Beiakten der Orthopädischen Versorgungsstelle B, die beigezogene Archivakte des Bayer. Landessozialgerichts L 15 Vs 14/98 und die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die serienmäßige Ausstattung seines Kfz mit einem automatischen Getriebe. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Kriegsbeschädigte erhalten zur Ergänzung der Versorgung mit Hilfsmitteln Zuschüsse zu den Änderungskosten bei Motorfahrzeugen (§§ 10 Abs 1, 11 Abs 1 Nr 8, Abs 3 Satz 1 Nrn 1 und 4, 24 a Buchstabe a BVG, 27 Abs 1 Nr 2 Orthopädieverordnung -- OrthV). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Automatik, da das Kfz serienmäßig mit einer Automatikeinrichtung versehen ist und somit eine "Änderung eines Motorfahrzeuges" nicht vorgenommen wurde. Geändert wird ein Kfz durch Umbauten und Einbauten. Änderung ist mithin die Nachrüstung eines Kfz durch Einbau der Automatik in einer Werkstatt (BSG SozR 3-3100 § 11 Nr 1). Ob eine Änderung eines Motorfahrzeugs im Sinne des § 11 Abs 3 Satz 1 Nrn 1 und 4 BVG vorgenommen wird, ist nicht durch Vergleich mit einem gedachten Kfz festzustellen (BSG aaO). Vielmehr ist der Zustand eines konkreten -- vom Beschädigten angeschafften -- Kfz vor und nach der Änderung zu vergleichen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob eine sogenannte vorweggenommene Änderung im Sinne des § 11 Abs 3 Nrn 1 und 4 BVG vorliegt, wenn das Kfz fabri...