Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht: Tätigkeit eines Quartierbetreuers
Leitsatz (amtlich)
Zum Status eines Quartierbetreuers.
Orientierungssatz
Ein Quartierbetreuer, der in den Betrieb seines Auftraggebers eingegliedert ist und kein Unternehmerrisiko trägt, kann auch dann abhängig beschäftigt sein, wenn im Vertrag über seine freie Mitarbeit ausdrücklich Weisungsfreiheit vereinbart wurde. Eine Tätigkeit als Quartierbetreuer zeichnet sich durch freies Agieren und spontanes Reagieren aus, so dass dem Umstand, dass im Detail keine Handlungsanweisungen erfolgt sind, wenig Bedeutung zukommt.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Klägerin für die Zeit von 01.08.2006 bis 31.08.2007 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.570,70 € nachzuzahlen hat.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH, deren Gegenstand nach dem Eintrag in das Handelsregister Concierge-, Hotelpagen-, Haushalts- und ähnliche Dienstleistungen sind.
Der 1953 geborene Beigeladene zu 1 erhielt von der Bundesagentur für Arbeit einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 01.06.2006 bis 28.02.2007 für eine selbständige Tätigkeit mit dem angebotenen Service "Recht und Ordnung" - Rechtsbetreuung, Seniorenbetreuung, Ordnungsberatung.
Am 01.08.2006 schloss er mit der Klägerin einen auf unbestimmte Dauer angelegten sogenannten "Freien Mitarbeitervertrag". § 2 des Vertrages enthält folgende Regelung:
1. Der freie Mitarbeiter übernimmt die Erledigung folgender Arbeiten nach Anforderung durch den Dienstberechtigten:
- Quartierbetreuung, Konfliktmanagement
- Betreuung von Wohnhäusern als Concierge
- Psychosoziale Begleitung
2. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, die übernommenen Aufgaben innerhalb der jeweils für den Einzelfall vereinbarten Zeit zu erledigen. Es steht ihm frei, die Übernahme einer Tätigkeit abzulehnen.
3. Der freie Mitarbeiter unterliegt bei Durchführung der übernommenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Dienstberechtigten. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich jedoch, über die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt gewordenen betrieblichen Interna und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. (...)
Der freie Mitarbeiter erhält pro nachgewiesener Arbeitsstunde eine Vergütung von 10 € zzgl. MwSt. (§ 3). Er rechnet die geleisteten Arbeitsstunden monatlich jeweils bis zum 15. des Folgemonats unter Vorlage der jeweiligen Nachweise (Tätigkeitsberichte, eventuelle Auslagen) ab. Er hat keinen Anspruch auf Vergütung im Krankheitsfall (§ 5) und während des Urlaubs (§ 6). Die Festlegung des Urlaubs soll nach Möglichkeit mit dem Dienstberechtigten abgesprochen werden (§ 6).
Der freie Mitarbeiter ist berechtigt, weitere Dienstverhältnisse einzugehen oder andere Tätigkeiten aufzunehmen, hat dies aber zur Vermeidung von Interessenskonflikten dem Dienstberechtigten anzuzeigen (§ 7).
Das Dienstverhältnis kann von beiden Parteien mit einer Frist von 6 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform (§ 9).
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 09.11.2007 eine Betriebsprüfung durch (Prüfzeitraum 01.06.2003 bis 31.10.2007). Im Erhebungsbogen "Angaben zum Auftraggeber" gab der Beigeladene zu 1 am 01.12.2007 u.a. an, weder ein Gewerbe angemeldet zu haben noch eigene Betriebsräume zu haben. Er beschäftige keinen Arbeitnehmer. Weisungen würden ihm nicht erteilt, seine Arbeiten würden auch nicht kontrolliert. Die Frage, ob er die gleichen Arbeiten ausführe wie die angestellten Mitarbeiter der Klägerin, wurde bejaht. Er sei verpflichtet, die Arbeiten persönlich auszuführen. Eigene Hilfskräfte könne er nicht einsetzen. Mehrere Auftraggeber habe er nicht, ebenso wenig besäße er einen eigenen Kundenstamm.
Der Bevollmächtigte der Klägerin führte im Anhörungsverfahren aus, dass sich die Tätigkeit der freien Mitarbeiter von der Tätigkeit der Angestellten dadurch unterscheide, dass die freien Mitarbeiter einen angebotenen Auftrag ablehnen könnten und eine zeitliche und örtliche Auswahlmöglichkeit hätten. Sie seien bei der Gestaltung des übernommenen Auftrags inhaltlich frei und nicht weisungsgebunden und erfüllten lediglich die Rahmenbedingungen des vereinbarten Dienstleistungsvertrages. Zudem könnten sie beruflich auch anderweitig tätig sein. Sie übten nicht die gleichen Tätigkeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter aus. Letztere seien mit den unterschiedlichsten Qualifikationen ausgestattet und für einen niederschwelligen Einsatz im Bereich der Concierge-Dienstleistungen überqualifiziert.
Mit Bescheid vom 26.10.2009 forderte die Beklagte von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 7.800,09 Euro nach. Die Betriebsprüfung habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Beigeladene zu 1 in der Zeit vo...