Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. wohnumfeldverbessernde Maßnahme. Streit über Zuschussgewährung für Anschaffung einer Gegensprechanlage mit Videofunktion nach Einbau eines Treppenlifts. keine Straf- oder Verzögerungszahlung der Pflegekasse bei verspäteter Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat lässt offen, ob die beantragte Gegensprechanlage mit Videofunktion in der beantragten Form mit drei Monitoren erforderlich, geeignet und wirtschaftlich ist.
2. Entscheidend ist, dass es sich vorliegend bei der beantragten Maßnahme um eine einheitliche Maßnahme mit dem einige Jahre vorangegangenen Einbau eines Treppenlifts und der dabei erfolgten Ausschöpfung des Höchstzuschusses handelt. Die medizinische Erforderlichkeit der Maßnahme bestand bereits zum Zeitpunkt des Antrags auf einen Zuschuss für den Einbau eines Treppenlifts.
3. Eine Ausdehnung der Vorschrift zur Straf- oder Verzögerungszahlung auf die Regelung zur Gewährung eines Zuschusses für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen scheidet aus.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 5. November 2019 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung einer Gegensprechanlage mit Videofunktion in Höhe von 1.918,28 EUR (50 Prozent der Gesamtrechnung entsprechend der tariflichen Absicherung bei dem Beklagten - Beihilfeergänzungstarif) als wohnumfeldverbessernde Maßnahme sowie eine Entschädigung nach § 18 Abs. 3 b des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Der 1958 geborene Kläger und Berufungskläger ist bei dem Beklagten und Berufungsbeklagten privat kranken- und pflegeversichert mit einem Tarif zu 50 %; im Übrigen ist er beihilfeberechtigt. Es ist bei ihm Pflegegrad 4 anerkannt; er wird überwiegend von seiner Ehefrau zu Hause gepflegt. Als pflegerelevante Diagnosen bestehen insbesondere ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma nach Arbeitsunfall vom 30.05.2006, eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit mit Notwendigkeit der Nutzung eines Rollstuhls, ein zentraler Schwindel, ein hirnorganisches Psychosyndrom sowie eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit.
Mit Änderungsbescheid vom 28.07.2015 in der Gestalt des Bescheides vom 13.08.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2015 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit einem Einzel-GdB für die beidseitige Schwerhörigkeit von 80 und die Merkzeichen B, G, aG, H, RF und Gl anerkannt. Dem lagen u.a. ein Attest des Allgemeinarztes Dr. R vom 15.05.2014 sowie des HNO-Arztes Dr. W vom 29.04.2014 zugrunde.
Der Beklagte ist mit Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.03.2018 (Az.: S 18 P 26/17) verurteilt worden, einen im Januar 2015 beantragten Zuschuss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme für einen Treppenlift vom Erdgeschoss in das Untergeschoss zu gewähren.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 20.12.2017, vertreten durch seine Ehefrau, bei dem Beklagten einen Zuschuss zu einer Gegensprechanlage mit Videofunktion, um eine möglichst selbstständige Lebensführung des hochgradig schwerhörigen, pflegebedürftigen Klägers zu gewährleisten. Beigefügt war dem Antrag ein amtsärztliches Attest von Frau Dr. V vom 21.07.2015, in welchem sie einen behindertengerechten Umbau der Wohnung mit der Sprechanlage und den Türöffnern für dringend erforderlich halte. Ein weiteres amtsärztliches Attest datierte vom 08.12.2017. Folgende Maßnahmen/Hilfsmittel seien aus medizinischer Sicht dringend erforderlich:
- Behindertengerechter Umbau und Ausbau des Wohnhauses
- (...)
- Installation eines Treppenlifts für den Zugang zur Wohnung
- (...)
- Behindertengerechter Umbau der Steckdosen und Schalter, der Sprechanlage und Türöffner, um diese vom Rollstuhl aus zu erreichen
- (...).
Am 12.12.2018 ist ein Beratungseinsatz beim Kläger durchgeführt worden. Der durchführende Pflegedienst regte als Maßnahme eine Video-Türsprechanlage und Überwachungsanlage an. Mit Schreiben vom 20.12.2018 beantragte der Kläger erneut ausdrücklich einen Zuschuss zum Einbau der Gegensprechanlage mit Videofunktion.
Auf ein Schreiben des Beklagten vom 20.12.2018 übersandte der Kläger einen Kostenvoranschlag/ein Angebot der Fa. S vom 28.12.2018 (Gesamtkosten: 3.836,56 EUR). Da der Beklagte ferner mitteilte, dass nur ein Anspruch für eine Gegensprechanlage, nicht dagegen für die Videofunktion geprüft werde, erläuterte der Kläger, dass die Videofunktion für ihn als hochgradig schwerhörige Person zur Identifikation von Besuchern zwingend erforderlich sei. Die begehrte Maßnahme ermögliche ihm eine möglichst selbstständige Lebensführung. Er sei hochgradig schwerhörig, eine Gegensprechanlage ohne Videofunktion könne von ihm daher nicht genutzt werden. Er sei jedoch im Rahmen einer selbstständigen Lebensführung darauf angewiesen, Besucher möglichst zweifelsfrei identifizieren zu können um dann z...