Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherungsrecht: Erstattungsanspruch einer Krankenkasse gegen einen Hilfsmittelerbringer bei fehlerhafter Abrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein eventuelles in der Vergangenheit von den Krankenkassen praktiziertes Durchwinken von Hilfsmittelabrechnungen schafft auf Seiten der Hilfsmittelerbringer kein schutzwürdiges Vertrauen, generell und dauerhaft werden auf Abrechnungsprüfungen und Erstattungsansprüche verzichtet.

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 17. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten auch der Berufung.

III. Der Streitwert wird auf 2.169,82 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin bezüglich der Abrechnung von Einlagenversorgungen streitig.

Der Beklagte ist ein nicht ärztlicher Leistungserbringer für orthopädische Hilfsmittel. Es bestand zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Krankenkassenverbände und der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik ein Rahmenvertrag vom 19.08.1981 über die Versorgung der Versicherten der Krankenkassen. Dieser wurde zum 31.12.2008 gekündigt. Die Beklagte hat in der vertragslosen Zeit vom 01.01.2009 bis 30.04.2013 nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten den vorgenannten Rahmenvertrag vom 19.08.1981 gegen sich gelten lassen und insbesondere Einlagenversorgungen des Beklagten nach Ziffer 08 (Produktgruppe Einlagenversorgung) des genannten Vertrages genehmigungsfrei abgerechnet sowie bezahlt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum 2007 bis 2011 bestand nach den Leistungserbringer-Regelungen keine vertragliche Normierung einer beschleunigten Prüfung vor Ablauf der Verjährungsfrist.

Die Klägerin führte im Jahr 2011 beim Beklagten erstmals eine Abrechnungsprüfung durch. Dabei kam die Klägerin zu dem Ergebnis, dass vom Beklagten in den Jahren 2007 bis 2011 Leistungspositionen bei der Einlagenversorgung abgerechnet wurden, für die Leistungs- und Abrechnungsausschlüsse bestehen. Daneben wurden auch teilweise unzulässige Mehrfachabrechnungen festgestellt. Diese Feststellungen folgen aus dem Rahmenvertrag über die Versorgung der Anspruchsberechtigten der Krankenkassen durch Orthopädieschuhmacher mit der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik vom 19.08.1981 unter Anwendung der Anlage 4 "Preisliste und der Aufschlüsselung der Prüfkriterien". Zu den Einzelheiten wird auf Bl. 17 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten hat die Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik ihren Mitgliedern empfohlen, die entsprechenden von der Klägerin gegenüber ihren Mitgliedern geforderten Beträge aus vergleichbaren Vorgängen zu bezahlen.

Mit Schreiben vom 27.10.2011 bezifferte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die von ihr festgestellten Überzahlungen im Zeitraum vom Januar 2007 bis August 2011 mit 2.169,82 € und forderte diesen Betrag zurück. Die Klägerin hatte dabei die Einzelfälle aufgeschlüsselt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 6 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.

Hiergegen wandte sich der Beklagte mit Schreiben vom 02.12.2011 und vertrat die Auffassung, dass die Ansprüche ua. verwirkt seien.

Mit Schreiben vom 13.12.2011 erläuterte die Klägerin ihre Entscheidung mit Hinweisen zu den Prüfschlüsseln. Eine Verwirkung der geltend gemachten Zahlungsansprüche sei nicht eingetreten. Bei Verjährungsfristen unter zehn Jahren würde eine Verwirkung nur in äußersten Ausnahmefällen eintreten, weil es dem Gläubiger erlaubt sei, die Fristen auszuschöpfen.

Mit Schreiben vom 16.12.2011 wurde vom Beklagten für Abrechnungen aus den Jahren 2007 und 2008 bis einschließlich 30.06.2012 auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

In einem weiteren Schreiben vom 13.01.2012 zur nachgelagerten Prüfung abgerechneter Einlagenversorgungen verwies die Klägerin unter anderem darauf, dass die Landesinnung Bayern für die Orthopädie-Schuhtechnik ihren Mitgliedern empfohlen habe, die geforderten Beträge zu bezahlen.

Mit Schreiben vom 27.01.2012 lehnte der Beklagte die Zahlung ab und unterbreitete für ihn und weitere Hilfsmittelerbringer das Angebot einer Teilzahlung. Er vertrat wiederholt die Auffassung, dass bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Forderungen Verwirkung eingetreten sei. Es sei ein kurzer Zeitraum zur Rechnungsprüfung anzusetzen. Bei der Verpflichtung zur Prüfung der Abrechnungen in angemessener Zeit handle es sich um eine vertragliche Nebenpflicht der Klägerin. Der daraus resultierende Schadensersatz bestehe in der Freistellung von den auf Grund verspäteter Prüfung erhobenen Nachforderungen.

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 30.01.2012 ausdrücklich, keinen Anlass für einen Vergleich zu sehen und hat Klage erhoben zum Sozialgericht Regensburg.

Die Klägerin hat zur Klagebegründung hervorgehoben, dass Ursache für den Rückforderungsanspruch sei, dass der Beklagte nicht zutreffend abgerechnet habe. D...

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