Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Künstlersozialabgabepflicht. selbständiger GmbH-Geschäftsführer. Gehalt. überwiegend künstlerische/publizistische Tätigkeitsanteile. im Handelsregister eingetragener Unternehmenszweck. markenstrategische Beratung. Erarbeitung der Öffentlichkeitsarbeit durch die GmbH und unter organisatorischer Leitung des Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
1. Das an einen selbständigen GmbH-Geschäftsführer gezahlte Gehalt unterliegt der Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG - wenn bei Gesamtwürdigung der Geschäftsführer-Tätigkeit künstlerische/publizistische Anteile überwiegen (Anschluss an BSG vom 16.4.1998 - B 3 KR 7/97 R = BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12).
2. Eine maßgebliche kreative Leistung in diesem Sinn kann auch in einer, der späteren Visualisierung einer Marke vorausgehenden markenstrategischen Beratung (Branding) liegen.
3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch die anschließende Öffentlichkeitsarbeit (Design, Kommunikation, digitale Medien) durch die - mit einem entsprechenden Unternehmensgegenstand im Handelsregister eingetragene - GmbH und unter organisatorischer Leitung des Geschäftsführers erarbeitet wird (vgl BSG vom 12.11.2003 - B 3 KR 10/03 R = SozR 4-5425 § 24 Nr 3).
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf Euro 105.000 festgesetzt
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht für das von der Klägerin an den Beigeladenen zu 1) in der Zeit von 01.01.2011 bis 31.12.2013 gezahlte Gehalt Abgaben nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG - in Höhe von Euro 105.037,94 nachgefordert hat.
Die Klägerin betreibt in Form einer GmbH eine Agentur, welche im Handelsregister ab dem 27.09.2002 mit dem Unternehmensgegenstand "Konzeption und Beratung auf dem Gebiet des Corporate-Identity-Designs, der Werbung, der Mediengestaltung und Medientechnik" eingetragen war. Am 06.12.2013 wurde der Unternehmensgegenstand ergänzt durch den Zusatz "sowie ausführungsjournalistische Tätigkeiten (u.a. Pressearbeit, Mediaproduktion)". Am 20.09.2017 wurde der gesamte bisherige Unternehmensgegenstand ersetzt durch den Begriff "Holistische Unternehmens- und Markenberatung und Markenführung". Die Klägerin beschäftigt regelmäßig zwischen 20 und 25 Mitarbeitern in insgesamt sieben Abteilungen (Beratung, Projektmanagement, Kreation Digital, Kreation Text sowie drei Abteilungen für kreatives Design). Der Beigeladene zu 1) - dessen Ausbildung Studiengänge der Kunst- und Medienwissenschaften sowie des Kommunikationsdesigns umfasst - ist und war im streitigen Zeitraum einer von zwei einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern. Sein Gesellschaftsanteil beträgt 60 %, Entscheidungen der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit getroffen. Laut dem Organigramm der Klägerin (Stand Juli 2015) hat der Beigeladene zu 1) als CEO die disziplinarische Führung bezüglich aller Mitarbeiter einschließlich der weiteren Führungskräfte sowie die fachliche Führung über die Mehrzahl der kreativen Abteilungen (ausgenommen: "Kreation Text").
Im April 2015 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1a SGB IV durch. Mit Bescheid vom 28.08.2015 stellte sie für den Prüfzeitraum von 01.01 2011 bis 31.12.2013 - im Gegensatz zu vorangegangenen Prüfungen - die Abgabepflicht nach § 27 Abs. 1 KSVG (Künstlersozialabgabe) im Hinblick auf das an den Beigeladenen zu 1) gezahlte Geschäftsführergehalt fest. Begründet wurde diese Feststellung sowie die Nachforderung in Höhe von Euro 105.037,94 mit der geistigen Oberleitung des Beigeladenen zu 1) als selbständiger GmbH-Geschäftsführer über die künstlerischen/publizistischen Leistungen der Klägerin in Form von - dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zuzuordnender - strategischer Kommunikationsberatung.
Der hiergegen am 14.09.2015 eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, der Beigeladenen zu 1) übe im Wesentlichen eine Beratungstätigkeit in markenstrategischen Prozessen aus. Die Entwicklung, künstlerische Gestaltung und Umsetzung dieser Prozesse sei ein nachrangiger Bestandteil der Beratung und werde ausschließlich durch entsprechend ausgebildete Mitarbeiter übernommen. Der Beigeladene zu 1) sei in erster Linie für die Führung der Mitarbeiter, für das Finanz- und Risikomanagement, für die Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie und als erster Repräsentant der Klägerin gegenüber Kunden verantwortlich. Früher durchgeführte Betriebsprüfungen hätten diesbezüglich keine Beanstandungen ergeben, die Klägerin genieße insoweit Vertrauensschutz.
Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 29.10.2015 abgelehnt, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestünden. Am 07.12.2015 beantragte die Klägerin beim Sozialgeric...