Entscheidungsstichwort (Thema)

Statusfeststellung. Versicherungspflicht. Krankenschwester. Intensivpflege. Selbstständige Pflegeperson. Rahmenvereinbarung. Eigene Betriebsmittel

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Pflegebereich kann ein freies Mitarbeiterverhältnis begründet werden.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a; SGB VI § 2 S. 1 Nr. 2; SGG § 96

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin und der Beigeladenen deren notwendige außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Zeit vom 8. August 2002 bis 31. März 2004.

Die Klägerin ist von Beruf Krankenschwester und auf die Intensivpflege spezialisiert. Mit Datum vom 5. September 2002 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin. Die Beigeladene betreibt einen ambulanten Pflegedienst und bietet außerklinische Intensivpflege von Kindern und Erwachsenen an. Vor dem Sozialgericht hatte die Beigeladene angegeben, sie beschäftige 340 Mitarbeiter, davon 123 Festangestellte, 167 Minijobber und 47 Freiberufler (Stand: März 2006). Die Klägerin hatte mit der Beigeladenen am 8. August 2002 eine Rahmenvereinbarung zur Abwicklung zukünftiger Aufträge abgeschlossen. Darin verpflichtete sich die Klägerin unter der Voraussetzung einer Auftragserteilung bzw. Auftragsannahme u.a. zur pflegerischen Versorgung des Klienten und zur Überwachung und Kontrolle der medizintechnischen Geräte. Die Auftragsabwicklung wurde wie folgt geregelt: die Klägerin sollte der Beigeladenen nach eigenem Ermessen ihre zeitlichen und fachlichen Kapazitäten anbieten, die sie in der konkreten Abrechnungsperiode zur Verfügung stellen wollte. Darauf sollte ein Angebot der Beigeladenen erfolgen, sofern Tätigkeitsbedarf bestand. Dieses Angebot musste dann erst von der Klägerin angenommen werden. Dabei war die Klägerin berechtigt, die beauftragte Leistung selbst oder durch Dritte durchführen zu lassen. Der Name des Dritten und die notwendige Information zu dessen Qualifikation mussten der Beigeladenen mitgeteilt werden. Als Vergütung wurden 22 Euro/Stunde vereinbart. Alternativ konnte eine projektbezogene Abrechnung erfolgen. Die Klägerin war zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. Zugleich bestand das Verbot, für einen Klienten der Beigeladenen weitere Leistungen im eigenen Namen oder im Namen Dritter zu erbringen. Auf die Einzelheiten des Inhalts der Rahmenvereinbarung (Bl. 35 ff der Verwaltungsakte der Beklagten) wird Bezug genommen.

Die Klägerin arbeitete zugleich in Vollzeit als Krankenschwester im Krankenhaus R.. Daneben hat die Klägerin noch weiter Auftraggeber für die ausgeübte Tätigkeit in der Intensiv- und Altenpflege angegeben. Die Klägerin hatte nach eigenen Angaben Aufwendungen für ein Büro und einen Pkw, mit dem sie zu den Einsatzorten fuhr. Neben einem mobilen Telefon wurden keine weiteren Betriebsmittel (insbesondere kein medizinisches Material) genannt. Die notwendigen Beatmungsgeräte würden von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt und verblieben vor Ort.

Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 31. Oktober 2002 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2003 fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit im Bereich der ambulanten Pflege für die Beigeladene im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Die Klägerin sei in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen eingebunden. Sie unterliege deren Direktionsrecht hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art und Weise der Tätigkeit. Die Tätigkeit werde durch die Beigeladene mit den Patienten bzw. Krankenkassen abgerechnet. Die Klägerin trete als Mitarbeiterin der Beigeladenen auf. Die Vergütung erfolge nach festen Stunden- und Tagessätzen. Ein Verlustrisiko, wie es für eine selbständige Tätigkeit üblich sei, bestehe nicht. Es werde grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein freies Mitarbeiterverhältnis im Pflegebereich nicht wirksam begründet werden könne, sondern die Leistungen regelmäßig nur in Form echter Beschäftigungsverhältnisse erbracht werden könnten. Besondere Umstände, die eine Abhängigkeit aufheben könnten, seien nicht ersichtlich. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin unter anderem den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vor, in dem neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 25.997 Euro aufgeführt sind. Die zugrundeliegende Gewinnermittlung für das Jahr 2002 weist neben der Beigeladenen vier weitere Auftraggeber aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2005 hielt die Beklagte an ihrer Feststellung fest und wiederholte ihre Einschätzung vom Vorliegen eines abhängigen versic...

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