Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen voller Erwerbsminderung. Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze. Rückforderung. Anrechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine konkrete Zuordnung der tatsächlichen Arbeitsleistung, die letztlich den Entgeltzufluss bewirkt, mit dem konkreten Monat des Rentenbezuges verlangt § 96a SGB 6 weder für abhängig Beschäftigte noch wäre dies bei selbständig Tätigen überhaupt ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand festzustellen (vgl BSG vom 3.5.2005 - B 13 RJ 8/04 R = BSGE 94, 286 = SozR 4-2600 § 96a Nr 7).
2. Zur Parallelität von Sozialversicherungsrecht und Einkommensteuerrecht.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.03.2007 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 09.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.2005 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob für den Zeitraum September bis Dezember 2002 Einkommen auf die Erwerbsminderungsrente des Klägers anzurechnen ist.
Der 1948 geborene Kläger war von Beruf selbstständiger Elektroinstallateur. Aufgrund der Diagnose einer chronischen Nierenerkrankung im August 2002 wurde er dialysepflichtig. Am 25.09.2002 beantragte er bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. In diesem Antrag war angegeben, dass er selbstständig tätig sei und dass er nicht beabsichtige, seine selbstständige Tätigkeit aufzugeben, sofern eine Erwerbsminderung festgestellt werde. Die Beklagte bewilligte sodann mit Bescheid vom 02.12.2002 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, beginnend ab 01.03.2003 und befristet bis zum 31.12.2004 in Höhe von 751,61 € monatlich. In diesem Bescheid war darauf hingewiesen, dass die maßgebende Hinzuverdienstgrenze monatlich 325,00 € betrage und der Kläger verpflichtet sei, erzieltes Einkommen anzugeben. Hiergegen legte der Kläger wegen des Rentenbeginns Widerspruch ein, dem die Beklagte mit Bescheid vom 31.01.2003 abhalf. Der Rentenbeginn wurde nunmehr auf den 01.09.2002 festgestellt und die Rente unbefristet in Höhe von 757,28 € monatlich gewährt. In diesem Bescheid war wiederum auf die Mitteilungspflichten des Klägers bezüglich erzielten Einkommens hingewiesen sowie darauf, dass der Hinzuverdienst ab dem 01.04.2003 sich geändert habe. Die Hinzuverdienstgrenze betrage ab diesem Zeitpunkt 340,00 € monatlich.
Nach Aufforderung durch die Beklagte mit Schreiben vom 01.12.2004 übersandte der Kläger im Februar 2005 seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2002. Aus diesem ergaben sich Einkünfte des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 8.383,00 €, was einem monatlichen Betrag von 698,58 € entsprach. Die Beklagte hörte daraufhin mit Schreiben vom 25.02.2005 den Kläger zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 31.01.2003 an, da er nach dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2002 monatlich 698,58 € verdient habe. Dieses Einkommen sei auch für die Jahre 2003 bis 2005 zugrunde gelegt worden, da die Einkommenssteuerbescheide 2003 und 2004 noch nicht vorlägen. Damit seien die Hinzuverdienstgrenzen für die volle und die 2/3-Rente überschritten, sodass dem Kläger nur noch Rente in Höhe von 1/2 zustehe. Es werde deshalb beabsichtigt, den Bescheid vom 31.01.2003 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen und die monatliche Rente auf 383,14 € zu mindern. Die bisher entstandene Überzahlung für die Zeit vom 01.09.2002 bis 31.03.2005 belaufe sich auf derzeit 11.831,92 €. Dieser Betrag sei vom Kläger zu erstatten.
Am 02.03.2005 teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass der Kläger nach Rentenbeginn nicht mehr bzw. nur in geringfügigem Umfang selbstständig tätig gewesen sei. Es könnten Umsatzsteuerbescheide aus 2002 vorgelegt werden. Aus den vorgelegten Umsatzsteuervoranmeldungen ergab sich für das 3. Quartal 2002 ein steuerpflichtiger Umsatz von 10.218,00 € sowie für das 4. Quartal 2002 in Höhe von 6.133,00 €. Aus dem später übersandten Einkommensteuerbescheid für 2003 ergaben sich für den Kläger negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 4.341,00 €. Die Beklagte hob daraufhin mit streitgegenständlichen Bescheid vom 09.06.2005 die mit Bescheid vom 31.01.2003 bewilligte Erwerbsminderungsrente für die Zeit ab dem 01.09.2002 teilweise auf und forderte die für die Zeit vom 01.09.2002 bis 31.12.2002 entstandene Überzahlung in Höhe von 1.514,56 € gemäß § 50 SGB X zurück. Aus der Berechnungsanlage ergab sich, dass der Kläger für die Zeit vom 01.09.2002 bis 31.12.2002 monatlich 757,28 € Erwerbsminderungsrente erhalten hatte, mithin insgesamt 3.029,12 €. Zustanden hätten ihm jedoch monatlich nur 378,64 €, sodass er eine Überzahlung von 1.514,56 € erhalten habe.
Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs teilte die Ehefrau des Klägers am 21.06.2005 der Beklagten mit, dass sie nochmals eine Aufstellung vom Steuerberater machen lasse...