Leitsatz (amtlich)
Eine Arbeit suchende Berufsreiterin (Bereiterin), die sich im Rahmen der Eigeninitiative bei einem möglichen neuen Arbeitgeber vorstellt und bei dem probeweisen Vorreiten abgeworfen wird, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII).
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.12.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1967 geborene Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei dem Unfall vom 05.09.2005 um einen gemäß §§ 2, 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Die Klägerin ist Berufsreiterin (Bereiterin). Zum Unfallzeitpunkt 05.09.2005 ist sie noch bei ihrem getrennt lebenden Ehemann in dessen Pferdewirtschaftsbetrieb auf 400,00 Euro-Basis beschäftigt gewesen. Sie hat privat erfahren, dass Herr C. (Pferdehändler in C-Stadt) eine Bereiterin in Vollzeit sucht und mit ihm Kontakt aufgenommen. Ohne Einschaltung der Agentur für Arbeit ist eine Vorstellung am 05.09.2005 vereinbart worden. Im Rahmen dieser Vorstellung hat die Klägerin zunächst ein ausgebildetes Pferd Probe geritten. Anschließend hat sie ein weiteres undressiertes Pferd geritten, von dem sie unvorhersehbar abgeworfen worden ist.
Die Klägerin hat durch den Sturz von diesem Pferd eine instabile LWK 1-Fraktur mit Spinalkanaleinengung erlitten. Nachdem zunächst keine Anzeige eines Arbeitsunfalles erfolgt ist, hat Prof. Dr. D. unter dem 02.11.2005 einen Durchgangsarztbericht erstellt und unter Hinweis auf die stationäre Aufnahme der Klägerin in der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums I. vom 05. bis 16.09.2005 (operative Stabilisierung durch Fixateur intern von BWK 12 auf LWK 2) den Vorgang der Beklagten mitgeteilt.
Die Beklagte hat die Entschädigung des Unfalles vom 05.09.2005 mit den streitgegenständlichen Bescheid vom 28.04.2006 abgelehnt, da des sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Es habe sich um keine Tätigkeit gehandelt, die dem landwirtschaftlichen Betrieb wesentlich gedient habe oder mit ihm im Zusammenhang gestanden habe. Die Klägerin habe bei der privaten Arbeitssuche im Betrieb des Herrn C. im Wesentlichen eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt. Es liege eine unversicherte Vorbereitungshandlung vor. - Der Widerspruch der Klägerin ist mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2006 zurückgewiesen worden.
Die Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Klagebegründung vom 25.07.2006 hervorgehoben, das Aufsuchen eines Unternehmers nach Einladung zu einem Vorstellungsgespräch führe zu einer schuldrechtlichen Beziehung, die als kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis mit quasi direktionsrechtlicher Befugnis des Unternehmers zu beurteilen sei. Im Falle der Klägerin habe der Betriebsinhaber dieser ein besonders junges und wenig zugerittenes Pferd zugewiesen, um deren Reitkünste zu überprüfen. Durch die Weisung sei die Klägerin einer stark erhöhten Gefahr ausgesetzt worden, die sie aus eigenem privatem Interesse nicht auf sich genommen hätte, ohne entsprechend abgesichert zu sein. Es habe sich somit nicht nur um reine verbale Verhandlungen über den Abschluss des Arbeitsvertrages gehandelt, sondern um die tatsächliche praktische Ausübung einer Tätigkeit nach Weisung des Betriebsinhabers.
Das Sozialgericht München hat die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen und die Klage mit Urteil vom 11.12.2008 abgewiesen. Die Klägerin habe bei dem mit der Vorstellung vom 05.09.2005 verbundenen Vorreiten keine versicherte Tätigkeit im Sinne von §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ausgeübt. Insbesondere habe kein Arbeitsunfall im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vorgelegen. Der Unfall vom 05.09.2005 habe weder in innerem Zusammenhang mit der noch bestehenden Beschäftigung bei dem Ehemann gestanden und sich auch nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit Herrn C. ereignet. Denn die Vorstellung habe der Vorbereitung der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses gedient, aber selbst keine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dargestellt. - Ein Versicherungsschutz habe auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII bestanden, weil sich die Klägerin nicht aufgrund einer Aufforderung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit, sondern aufgrund eigener Initiative bei Herrn C. vorgestellt habe. Eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII sei in Fällen wie dem vorliegenden nicht möglich. Der unterschiedliche Versicherungsschutz für Arbeitslose, die aus eigener Initiative einen Arbeitsplatz zur Vorstellung aufsuchten und Personen, die einer im Einzelfall an sie gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit folgten eine Stelle aufzusuchen, verstoße nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Die Bevollmächtigten der Klägerin benannten mit Berufung vom 08.01.2009 Herrn C. als Zeugen dafür, dass die Klägerin auf dessen Weisung verschiedene Pferde habe vorrei...