Entscheidungsstichwort (Thema)

Psychologischer Psychotherapeut. Bedarfsunabhängige Zulassung. Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung. Delegationsverfahren. Bestandsschutz. Krankheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Zulassung nach § 95 Abs. 10 SGB V kommt nur in Betrach, wenn der Psychotherapeut in der Zeit vom 25.06.1994 bis zum 24.06.1997 mindestens 250 Stunden pro Halbjahr Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt hat. Unterschreitet er diese Zahl, ist eine Zulassung ausgeschlossen, unabhängig davon, aus welchem Grund weniger als 250 Stunden angefallen sind.

 

Normenkette

SGB V § 95 Abs. 10

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. September 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die bedarfsunabhängige Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin in M..

Die 1941 geborene Klägerin hat 1970 das 2. Staatsexamen für das Lehramt in den Fächern Deutsch, Geschichte und Sozialkunde bestanden und von 1970 bis 1979 als Gymnasiallehrerin in M. gearbeitet. Daneben hat sie von 1973 bis 1976 an einer Fortbildung in analytischer Gruppendynamik teilgenommen und von 1976 bis 1979 eine Weiterbildung zur Psychoanalytikerin und Gruppenpsychotherapeutin der Deutschen Akademie für Psychoanalyse (DAP) absolviert und mit Abschlusszertifikat vom 10. Juli 1979 abgeschlossen. Im Dezember 1979 hat die Klägerin in M. eine Praxis eröffnet. Seit 01.01.1996 nimmt sie im Delegationsverfahren an der Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) teil. In der Zeit vom 25.06.1994 bis 24.06.1997, dem sog. Zeitfenster hat die Klägerin 223 Therapiestunden bei Versicherten der GKV durchgeführt, davon 197 Stunden in der Zeit vom 3. Quartal 1996 bis 2. Quartal 1997. Abgerechnet wurde die Nr. 872 des damals geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM a.F.), also die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (Langzeittherapie) als Einzelbehandlung.

Am 09.11.1998 hat die Klägerin Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychotherapeutin an ihrem Praxissitz in M. gestellt. Die Approbationsurkunde datiert vom 04.01.1999. Der Zulassungsausschuss gab mit Bescheid vom 26.07.1999 dem Antrag statt. Zwar habe die Klägerin im günstigsten Jahreszeitraum während des Zeitfensters nur 197 Stunden zu Lasten der GKV erbracht. Bei ihr handle es sich aber um einen Härtefall, weil sie im Fensterzeitraum wegen chronischen Gelenkrheumatismus habe behandelt werden müssen.

Auf Widerspruch der zu 1) beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung hat der beklagte Berufungsausschuss mit Bescheid vom 30. Januar 2001, berichtigt mit Bescheid vom 26. Februar 2001, den Bescheid des Zulassungsausschusses aufgehoben und den Antrag der Klägerin abgelehnt. Diese habe mit 223 Behandlungsstunden an Versicherten der GKV in der Zeit vom 25.06.1994 bis 24.06.1997 bzw. 197 Behandlungsstunden im günstigsten Jahreszeitraum während dieses Zeitfensters keinen schützenswerten Besitzstand erworben. Nach der zwischenzeitlich vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei § 95 Abs. 10 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als solcher bereits eine Härtefallregelung zugunsten der Psychotherapeuten und stelle allein auf den erworbenen schützenswerten Besitzstand ab. Weitere persönliche Gesichtspunkte könnten im Rahmen der bedarfsunabhängigen Zulassung keine Berücksichtigung finden. Dies gelte insbesondere auch für die von der Klägerin geltend gemachte Krankheit. Einzig für den Fall der Kindererziehung habe der Gesetzgeber in § 95 Abs. 11a und 11b SGB V eine abschließende weitere Härtefallregelung getroffen.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben, die mit Urteil vom 30. September 2004 abgewiesen wurde, weil die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum keine schützenswerte Praxissubstanz aufgebaut habe, so dass sie nicht in den Genuss der Härtefallregelung des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V gelange.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 05.11.2004 zugestellte Urteil am 03.12.2004 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, der zur Delegation berechtigte Arzt Dr. R. habe schon 1989 die Delegationsberechtigung für die Klägerin beantragt. Dieser Antrag sei von der Beigeladenen zu 1) nicht bearbeitet worden. Erst auf Mahnung hin sei der Klägerin mit Bescheid vom 23.03.1996 rückwirkend ab 01.01.1996 die Berechtigung zur Erbringung von tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie bei Erwachsenen als Einzel- und Gruppenbehandlung rückwirkend ab 01.01.1996 erteilt worden. Erst ab dem 23.03.1996 habe sie mit der Beigeladenen zu 1) abgerechnet. In der Zeit vom 01.01. bis 22.03.1996 habe sie zwar Versicherte der GKV behandelt, diese aber nicht mit der GKV abgerechnet, weil sie irrtümlich der Meinung gewesen sei, sie könne erst ab dem 22.03.1996 im Delegati...

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