Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Kostenerstattung für eine extreme Ganzkörperhyperthermiebehandlung
Leitsatz (amtlich)
Keine Kostenerstattung einer extremen Ganzkörperhyperthermiebehandlung bei Prostatakarzinom.
Orientierungssatz
Eine experimentelle Krankenbehandlung, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt wird, ist auch in notstandähnlichen Situationen nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen (BVerfG, 26. Februar 2013, 1 BvR 2045/12, BSG, 7. Mai 2013, B 1 KR 26/12 R).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.09.2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für im Jahr 2015 durchgeführte extreme Ganzkörperhyperthermiebehandlungen in Höhe von 13.110,33 €.
Bei dem 1951 geborenen, bei der Beklagten versicherten Kläger wurde 2013 ein Prostatakarzinom diagnostiziert mit ausgedehnter lymphogener und ossärer Metastasierung. Im November 2014 begab er sich in die Behandlung der C., C-Stadt. Am 10.11.2014 telefonierte die Lebensgefährtin des Klägers, Frau D., mit einer Mitarbeiterin der Beklagten. Es ging dabei um Fahrkosten zur C.. Laut Aussage der Klägerseite sei es in dem Telefonat auch um eine Kostenübernahme einer extremen Hyperthermiebehandlung gegangen; von der Beklagten sei insofern mitgeteilt worden, dass diese nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre und deshalb nicht von der Beklagten erstattet werden könne; der Antrag auf Erstattung von Fahrkosten müsse jedoch geprüft werden, wofür weitere Unterlagen benötigt würden.
Mit Schreiben vom 14.11.2014 übersandte die Klägerseite der Beklagten Unterlagen der C. und beantragte Fahrkostenerstattung für Fahrten nach C-Stadt. Mit Bescheid vom 21.11.2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ein Behandlungskonzept, welches nicht wohnortnah durchführbar wäre, nicht erkennbar sei. Mit Schreiben vom 27.11.2014 legte der Kläger Widerspruch bezüglich der Ablehnung seines Antrages auf Fahrkostenerstattung ein. Unter dem 12.01.2015 äußerte sich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) dahingehend, dass nach den vorliegenden Unterlagen derzeit keine leitliniengerechte Behandlung erfolge. Von den behandelnden Urologen sei dem Kläger 2013 als Behandlungsoption eine antihormonelle Therapie und eine Bisphosphonattherapie angeboten worden. Eine schulmedizinische Behandlung habe der Kläger jedoch abgelehnt. Nach den neuesten Therapieleitlinien käme aktuell sogar nochmals eine Chemotherapie für den Kläger in Frage. Die Entscheidung des Klägers, sich mit alternativen Heilmethoden behandeln zu lassen, sei zwar aus seiner Sicht verständlich und nachvollziehbar, eine Kostenübernahme sowohl der Fahr- als auch der Behandlungskosten sei jedoch nicht möglich, da ein sicherer Wirksamkeitsnachweis der Alternativtherapie nicht vorliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch bzgl. der abgelehnten Fahrkosten zurück. Der Widerspruchsbescheid ist in Bestandskraft erwachsen.
Mit Schriftsatz vom 26.02.2015 beantragte der Kläger erneut Fahrkostenerstattung für Krankenhausbehandlungen in C-Stadt im Januar und Februar 2015. Mit Bescheid vom 14.04.2015 erklärte die Beklagte, dass Fahrkosten nur bis zum nächsterreichbaren geeigneten Krankenhaus erstattungsfähig seien. Die beantragten Fahrkosten könnten daher nur anteilig in Höhe der fiktiven Fahrkosten zum Universitätsklinikum B-Stadt erstattet werden. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch unter dem 21.04.2015. Im Widerspruchsverfahren reichte der Kläger einen direkt an den MDK adressierten Schriftsatz vom 19.05.2015 nebst Befundberichten ein, erläuterte seinen bisherigen Krankheitsverlauf und bat, seinen Antrag erneut zu überprüfen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2015 wurde dem Widerspruch vom 21.04.2015 insoweit abgeholfen, als Fahrkosten bis zu einer der nächstgelegenen stationären Behandlungsmöglichkeiten anerkannt und der gefahrene Kilometer mit 0,20 € vergütet wurden. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Das sich anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (S 6 KR 491/15) endete mit gerichtlichem Vergleich.
Ab Januar 2015 unterzog sich der Kläger im Jahr 2015 zahlreichen sog. extremen Hyperthermiebehandlungen in Kombination mit einer Chemotherapie in der C.. Die Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt inklusive Chemotherapie wurden von der Beklagten an das Krankenhaus gezahlt. Für die Hyperthermiebehandlungen wurden dem Kläger laut seinen Angaben insgesamt 13.110,33 € in Rechnung gestellt, die er für die einzelnen Behandlungen jeweils in bar entrichtete. Vor den Behandlungen hatte der Kläger jeweils eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen. In der jeweiligen entsprechenden Patienteninformation wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass es sich bei der W...