Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsklage. Unzulässigkeit der Klageänderung. Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. kein Anspruch auf Leistungen zur ambulanten Pflege während eines vollstationären Krankenhausaufenthaltes eines Schwerstpflegebedürftigen. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Änderung einer auf Hilfe zur Pflege gerichteten Leistungsklage auf eine Klage wegen mangelhafter stationärer Krankenhilfe nach dem SGB 5 ist unzulässig.
2. Mit dem Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012 (juris: AssPflStatRG) ist ein Anspruch für eine zusätzliche Pflege im Krankenhaus durch ambulante Leistungserbringer erneut ausgeschlossen worden.
3. Art 3 Abs 3 GG führt zu keiner Bevorzugung besonderer Gruppen, sondern untersagt die Benachteiligung wegen einer Behinderung.
4. Allgemeine Gerechtigkeitserwägungen oder das Sozialstaatsprinzip (Auffanghilfe für soziale Notlagen) begründen auch in der Sozialhilfe keine Ansprüche auf Sozialleistungen.
Orientierungssatz
Während eines stationären Krankenhausaufenthaltes kommt die Gewährung von zusätzlichen Leistung der ambulanten Pflege regelmäßig nicht in Betracht, soweit es sich nicht um Arbeitnehmer des Pflegebedürftigen handelt, die von ihm zur Pflege beschäftigt werden.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Juni 2012 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 31.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2010 abgewiesen. Die Klagen gegen die Beigeladenen werden abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Hilfe zur Pflege während eines vollstationären Aufenthalts in einem Krankenhaus in der Zeit vom 28.03. bis 01.04.2011 beanspruchen kann.
Die 1981 geborene Klägerin leidet seit Geburt an einer spastischen Cerebralparese. Sie bezog im streitigen Zeitraum (neben ihrer Vergütung in einer Behindertenwerkstatt) Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von der Beklagten. Weiter erhielt sie in zeitlichem Zusammenhang mit den streitigen Leistungen Hilfe zur häuslichen Pflege nach dem SGB XII. So sagte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 05.11.2009 für die Zeit bis 30.11.2010 bzw. fortgesetzt mit Bescheid vom 25.10.2010 für die Zeit vom 01.12.2010 bis 30.11.2011 ua Grundpflege von täglich bis zu fünf Stunden und 16 Minuten zu, daneben hauswirtschaftliche Versorgung von täglich bis zu einer Stunde, Pflegebereitschaft von täglich bis zu 16 Stunden und ein Pflegegeld der Stufe III (bzw. mit Bescheid vom 25.10.2010 Pflegegeld in Höhe von 150 € monatlich) zu. Die Pflege der Klägerin wird durch einen ambulanten Pflegedienst ("I.H.") gewährleistet (durchschnittliche Kosten von etwa 11.000 € monatlich). Die Klägerin hat selbst keine "besonderen" Pflegekräfte angestellt.
Am 25.03.2010 beantragte die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Pflegeassistenz des ambulanten Pflegedienstes für einen Aufenthalt in der S.-Klinik vom 28.03.2011 bis zum 01.04.2011 zu je 24 Stunden bei einem Stundensatz von 15,70 €. Sie benötige mehrmals im Jahr eine Biofeedbacktherapie, die stationär durchgeführt werde. Ziel der Therapie sei es, ihren Zustand zu erhalten oder sogar geringfügig zu verbessern, weiteren Kontrakturen vorzubeugen und die Spastik zu vermindern. Es sei ihr aufgrund ihres hohen Pflegebedarfes nicht möglich, den Krankenhausaufenthalt ohne persönliche Assistenz durchzuführen; dies werde von der Klinik auch nicht sichergestellt.
Mit Bescheid vom 31.03.2010 lehnte die Beklagte die Übernahme der für den Krankenhausaufenthalt beantragten Hilfe zur Pflege ab. Sie gewähre allein Leistungen zur häuslichen Pflege. Für die Dauer eines stationären Krankenhausaufenthalts seien diese gesetzlich ausgeschlossen. Hiergegen wandte die Klägerin ein, ihr hoher Pflegeaufwand könne vom Krankenhauspersonal nicht erfüllt werden und belegte dies durch eine entsprechende Bescheinigung der S.-Klinik. Die Regierung von Oberbayern wies den Widerspruch am 06.09.2010 als unbegründet zurück. In einer stationären oder teilstationären Einrichtung könnten Pflegebedürftige Leistungen zur häuslichen Pflege nicht erhalten. Lediglich wenn die Pflege im Arbeitgebermodell organisiert werde, lasse das Gesetz eine Ausnahme bei vorübergehenden Krankenhausaufenthalten zu. Die Klägerin beziehe jedoch die Pflegeleistungen von einem ambulanten Pflegedienst.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.10.2010 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Dabei legte sie erneut ein Schreiben des Krankenhauses (vom 27.05.2010) vor, wonach sie auf Grund ihres hohen Pflegeaufwandes eine Assistenz zur Therapie mitbringen müsse. Ausschließlich das im Rahmen der häuslichen Pflege eingesetzte Pflegepersonal kenne ihre in...