nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Augsburg (Entscheidung vom 15.05.2001; Aktenzeichen S 3 U 524/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15.05.2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, in Abänderung ihres Bescheides vom 14.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.1999 dem Kläger ab 14.11.1996 Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu gewähren.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente zur Entschädigung einer Lärmschwerhörigkeit.

Der Kläger hatte seine letzte potenziell gehörschädigende Tätigkeit im November 1996 ausgeübt. Mit Bescheid vom 14.09.1999 erkannte die Beklagte die Hörstörung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr.2301 der Anlage zur BKVO an. Als Folgen der Berufskrankheit wurden nicht anerkannt: die Hörstörungen, soweit nicht lärmbedingt und Ohrgeräusche beiderseits. Anspruch auf eine Rente bestehe nicht, weil die Erkrankung keine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Folge habe.

Die Beklagte hatte zunächst ein Gutachten von dem HNO-Arzt Dr.L. vom 29.09.1998 eingeholt. Der Sachverständige ermittelte im Sprachaudiogramm einen beidseitigen Hörverlust von 40 v.H. und schätzte die MdE auf 15 v.H.

Der beratende HNO-Arzt der Beklagten Dr.K. stellte fest, sprachaudiometrisch lägen die Hörverluste beidseits korrekt bei 40 %. Das Gesamtwortverstehen sei mit Blick auf das Zahlenverstehen nicht stimmig, es könne nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass hierin eine gewisse Aggravationstendenz zum Ausdruck komme. Der Hörverlust im Tonaudiogramm betrage auf dem rechten Ohr 25 % und auf dem linken 30 %. Zur Tabelle Röser 80 stehe jedoch im Königsteiner Merkblatt, es sei ferner zu berücksichtigen, dass sich bei Anwendung dieser Tabelle aus dem Tonaudiogramm zumeist ein etwas höherer prozentualer Hörverlust als aus dem Sprachaudiogramm ergebe. Hier sei genau das Gegenteil der Fall, deshalb empfehle er ein weiteres Gutachten.

Der als Sachverständige gehörte HNO-Arzt Prof.Dr.B. kam in seinem Gutachten vom 17.03.1999 zu dem Ergebnis, es bestehe kein Anhalt für eine Aggravation. Unter Berücksichtigung aller klinischen Hörtests liege eine gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit vor. Die MdE hierfür betrage 20 v.H.

Hierzu führte Dr.K. aus, die MdE liege unter 10 v.H. Nach Tabelle 3 des Königsteiner Merkblattes (Feldmann) sei nach den sprachaudiometrischen Hörverlusten eine MdE um 15 bis 20 v.H. anzunehmen. Es gebe jedoch lediglich das Tonaudiogramm vom 16.04.1997 das tatsächliche Hörvermögen bei Beendigung der Lärmtätigkeit wieder. Aus den Tonhörkurven ergäben sich Hörverluste von 15 % auf dem rechten und 20 % auf dem linken Ohr. Wenn ein verlässliches Sprachaudiogramm nicht vorliege, könne der Hörverlust hilfsweise auch aus dem Tonaudiogramm nach der Tabelle Röser 1980 ermittelt werden. Daraus ergebe sich eine MdE um weniger als 10 v.H. Das spätere Tonaudiogramm erschien dem Sachverständigen nicht verwertbar, weil entsprechend seinen früheren Ausführungen die Hörverlustdifferenz zum Tonaudiogramm nicht plausibel sei. Sie werde es erst dann, wenn man beim Kläger, in seinem Alter nicht ungewöhnlich, auch eine zentrale (im Gehirn lokalisierte) Spracherkennungs- bzw. Verwertungsstörung annehme. Von daher seien die aktenkundigen Sprachaudiogramme für eine gutachtliche Beurteilung nicht verwertbar.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.1999 als unbegründet zurück.

Der im anschließenden Klageverfahren als Sachverständige gehörte HNO-Arzt Prof.Dr.J. schätzte die lärmbedingte MdE auf 15 v.H. für die Zeit ab 13.11.1996. Für den Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus der Lärmtätigkeit stellte er zwar einen prozentualen Hörverlust nach dem gewichteten Gesamtwortverstehen nach Feldmann aus dem Sprachaudiogramm von 30 % und nach dem einfachen Gesamtwortverstehen von 40 % für das linke Ohr fest, korrigierte letzteres jedoch auf 30 %. Bei der Abwägung der Kriterien, die für eine lärmbedingte Schwerhörigkeit des Klägers sprechen, führte er hierzu aus, die Symmetrie der Kurven sei die Regel bei der Lärmschwerhörigkeit, wenngleich sie nicht zum Dogma erhoben werden könne. Die Abweichung von der Symmetrieregel sei im vorliegenden Fall mit immerhin 40 dB HV bei 6 kHz so groß, dass zu folgern sei, dass der Teil der Schwerhörigkeit des linken Ohres, der den des rechten Ohres übersteige, berufsfremde Ursachen haben müsse. Es sei also gedanklich die Schwerhörigkeit des rechten Ohres auch auf das linke zu übertragen. Hieraus ergebe sich eine MdE um 15 v.H. statt 20 v.H.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.05.2001 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen und sich auf das Gutachten des Prof.Dr.J. gestützt.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er weist darauf hin, das...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge