Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente. Versorgungsehe. Vermutung
Leitsatz (redaktionell)
1. § 46 Abs. 2a SGB VI enthält eine durch den vollen Beweis des Gegenteils widerlegbare gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war.
2. Die Nichtvoraussehbarkeit des Todesfalls innerhalb der Jahresfrist kann nur dann gewichtig gegen eine Versorgungsehe sprechen, wenn die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung keinerlei Anhaltspunkte für die Möglichkeit des vorzeitigen Ablebens eines Ehepartners hatten und der Tod durch ein überraschendes Ereignis eintritt, nicht jedoch dann, wenn sich bei einem hochbetagten Menschen im Rahmen eines gravierenden chronischen Krankheitsgeschehens das diesen Erkrankungen innewohnende erhöhte Todesrisiko plötzlich realisiert.
3. Langjährige Heiratsabsichten können ausnahmsweise nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen.
4. Eine Versorgungsehe scheidet generell nicht schon dann aus, wenn der oder die Hinterbliebene bereits Rentenleistungen aus eigener Versicherung bezieht.
Normenkette
SGB VI § 46 Abs. 2a
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regenburg vom 25. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Witwenrente.
Die 1926 in E. (jetzt B.) geborene Klägerin schloss am 17. November 2004 die Ehe mit dem 1913 geborenen Versicherten A.. Der Versicherte verstarb am 17. November 2004.
Mit Antrag vom 10. Dezember 2004 begehrte die Klägerin Witwenrente nach dem verstorbenen Versicherten. Sie machte geltend, der Versicherte sei 26 Jahre ihr Lebensgefährte gewesen und habe seit 19 Jahren mit ihr in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Die Anmeldungen zur Eheschließung beim Standesamt A-Stadt sei am 4. November 2004 erfolgt. Der Versicherte sei erst nach diesem Termin erkrankt und am 14. November 2004 wegen Atemschwierigkeiten (Asthma) ins Krankenhaus eingeliefert worden. Er sei dann unerwartet am Tag der Hochzeit verstorben. Die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Betreuung/Pflege des ständig auf Pflege angewiesenen Ehegatten erfolgt und der Tod des Ehegatten sei bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen.
Die Beklagte holte in Bezug auf den Versicherten Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. H. und des Krankenhauses A-Stadt sowie eine Stellungnahme ihres medizinischen Dienstes (Bl. 24 Beklagtenakte) ein. Mit angefochtenem Bescheid vom 12. Januar 2005 lehnte sie den Antrag unter Bezugnahme auf § 46 Abs. 2a SGB VI ab. Nach objektiver Betrachtungsweise sei aus medizinischer Sicht bei der Eheschließung absehbar gewesen, dass der Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres eintreten werde.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch mit der Begründung erhoben, es sei bereits mehrfach vorgesehen gewesen zu heiraten. Aus verschiedenen Gründen sei die Hochzeit immer wieder verschoben worden. Die Hochzeit sei für den 19. November 2005 vorgesehen gewesen. Nachdem der Versicherte zwischen Aufgebots- und Eheschließungstermin völlig unerwartet ins Krankenhaus musste, sei die Eheschließung dort vollzogen worden. Zum Zeitpunkt der Planung der Eheschließung und der Bestellung des Aufgebotes sowie der Heirat habe sich der Versicherte in einem gesundheitlich stabilen Zustand befunden. Atteste der behandelnden Ärzte Dr. L. und Dr. R. wurden vorgelegt. Dr. L. erklärte, der Versicherte sei zum Zeitpunkt der Planung der Eheschließung Anfang November 2004 in einem gesundheitlich stabilen Zustand gewesen. Eine gesundheitliche Verschlechterung und das Versterben des Versicherten sei nicht absehbar gewesen. Dr. R. bescheinigte dem Versicherten, voll orientiert zu sein und dass keine Bedenken gegen eine Durchführung der Hochzeit im Krankenhaus bestünden. Auch von der Standesbeamtin wurde schriftlich erklärt, dass der Versicherte bei Eheschließung voll geschäftsfähig war. Die Nottrauung dürfe nicht abgelehnt werden, wenn sich der Standesbeamte davon überzeugt habe, dass beide Verlobte in der Lage seien, die Trauung zu vollziehen. Auch sei die Klägerin durch eine Rente von der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 794,79 Euro und eine Betriebsrente in Höhe von 55,84 Euro brutto versorgt. Der Sohn des Versicherten gab schließlich eine eidesstattliche Versicherung ab, dass der gesamte Sachvortrag in der Widerspruchsbegründung vom 11. April 2005 der Wahrheit entspreche. Bereits seit 1995 sei von Hochzeitsplänen gesprochen worden.
Der Widerspruch wurde nach Einholung einer Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2005 zurückgewiesen. Der verstorbene Versicherte sei seit langer Zeit schwer er...