Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Versicherungspflichtverhältnis. Freistellung ohne Entgeltfortzahlung
Leitsatz (amtlich)
Zeiten der Freistellung ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts stellen keine Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses i.S.v. §§ 24 f. SGB III dar.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.10.2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 16.07.2008 im Hinblick auf die Erfüllung der Anwartschaftszeit.
Der Kläger war vom 01.08.1979 bis zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses am 22.02.2008 zum 31.03.2008 gegen Zahlung einer Abfindung i.H.v. 40.000 € bei der Fa. S. AG (S.) beschäftigt. Am 16.07.2008 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Dabei gab er an, er sei die letzten 14 Monate in Untersuchungshaft gewesen und habe nicht gearbeitet. In der Arbeitsbescheinigung ist für die Abrechnungszeiträume bis 31.05.2007 sowie für Januar 2008, nicht aber für die Zeit vom 21.05.2007 bis 31.03.2008 der Erhalt von Arbeitsentgelt bescheinigt.
Mit Bescheid vom 21.08.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 16.07.2008 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Mit seinem Widerspruch dagegen führte der Kläger aus, er habe stets seine Versicherungsbeiträge entrichtet, weshalb es unverhältnismäßig sei, wenn nunmehr aufgrund von rund 20 Fehltagen Leistungen verweigert würden. Auf Anfrage der Beklagten teilte S. mit, die Zahlungen für Januar 2008 stellten eine Gewinnbeteiligung dar. Es sei vom 21.05.2007 bis 31.03.2008 kein Arbeitsentgelt gezahlt worden, da der Kläger ohne Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2008 wies die Beklagte darauf den Widerspruch zurück. In der Rahmenfrist sei der Kläger insgesamt nur 309 Kalendertage in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Mangels Zahlung von Arbeitsentgelt sei vom 21.05.2007 bis 31.03.2008 die Versicherungspflicht unterbrochen gewesen.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er sei ab dem 21.05.2007 wegen seiner Untersuchungshaft von der Arbeit freigestellt gewesen und habe zunächst auch kein Entgelt erhalten. Nach § 7 Abs 3 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bestehe das Arbeitsverhältnis für einen Monat fort und für Januar 2008 sei Arbeitsentgelt bezahlt worden. Er habe 370 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und die Anwartschaftszeit erfüllt. Auf Anfrage des SG hat S. mitgeteilt, die Auszahlungen im Januar 2008 seien nach der "Märzklausel" beitragsrechtlich dem Dezember 2007 zuzurechnen. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, nach der sog. "Märzklausel" (§ 23a Abs 4 SGB IV) handle es sich um eine Einmalzahlung und nicht um Arbeitsentgelt für eine im Januar 2008 ausgeübte Beschäftigung.
Mit Urteil vom 12.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zwar setze ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht zwingend eine tatsächliche Arbeitsleistung voraus, es sei aber die fortlaufende Zahlung des Arbeitsentgelts notwendig. Damit habe der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Jahreszahlung stelle ein variables Zieleinkommen dar, das Bestandteil des Grundgehaltes sei. Er habe in der JVA täglich für seinen Arbeitgeber gearbeitet, wenngleich er seine arbeitsvertraglichen Pflichten auch nicht voll erfüllt habe. Dies sei nicht nur aus eigenem Interesse erfolgt, sondern auch weil man ihn darum gebeten habe, wie sich aus der Aktennotiz der Kriminalpolizei über die Herausgabe des sichergestellten Laptops ergebe. Er habe seine Arbeitszeiten selbst frei bestimmen können. Das im Januar 2008 gezahlte Arbeitsentgelt, von dem Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien, sei zu berücksichtigen. Um eine laufende Gehaltszahlung während der Zeit in der JVA habe er sich nicht weiter gekümmert. Trotz der Zahlung von Beiträgen an die Arbeitslosenversicherung, die über den Höchstbeiträgen gelegen habe, seien diese weder berücksichtigt noch erstattet worden. Er habe seit über 25 Jahren Versicherungsbeiträge geleistet, ohne jemals Versicherungsleistungen in Anspruch genommen zu haben. Ein entsprechender privatwirtschaftlicher Versicherungsvertrag sei sittenwidrig und die Berechnungszeiten seien einseitig zum Nachteil der Versicherten geändert worden. Es sei gegen den Gleichheitssatz verstoßen worden, da Versicherte mit kurzen Anwartschaftszeiten besser gestellt würden, als langjährig versicherte Beitragszahler. Auch befristet Beschäftigte würden bevorzugt.
Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des aufzuheben,
2. Die Beklagte zu verpflichten, dem...