Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 757/91) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 13037/92) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 22. Februar 1993 und der Beschluß des Amtsgerichts München vom 19. Juni 1992 aufgehoben.
II. Die Antragsgegner werden bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 50.000 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, verpflichtet, es zu unterlassen, in ihrem Teileigentum eine Kampfsport- oder Selbstverteidigungsschule zu betreiben oder betreiben zu lassen.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für alle Rechtszüge wird auf 20.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus drei Stockwerken bestehenden Wohnanlage, in der das Erdgeschoß gewerblich genutzt wird. Den Antragsgegnern gehört das in der Teilungserklärung wie folgt beschriebene Teileigentum:
Miteigentumsanteil zu 69/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. 9 bezeichneten Massageinstitut im Erdgeschoß und Keller nebst zugehörigem Keller- und Speicheranteil.
In dem Teileigentum wird im Erdgeschoß ein Bräunungsstudio mit Sauna betrieben. Der zu einer 114 m² großen Turnhalle umgebaute Keller ist seit vielen Jahren an verschiedene Tanz- und Sportgruppen sowie seit fünf Jahren an eine Kampf- und Selbstverteidigungsschule vermietet. Letztere hält ihre Kurse am Montag, Mittwoch und Freitag jeweils von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr und am Donnerstag von 13.00 Uhr bis 21.00 Uhr ab. Donnerstags wird lediglich Einzelunterricht erteilt; an den übrigen Tagen werden jeweils zwei Gruppen mit je zwei bis acht Teilnehmern gebildet.
Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegnern bei Meidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, in ihrem Teileigentum eine Kampfsport- oder Selbstverteidigungsschule zu betreiben. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 10.6.1992 den Antrag abgewiesen. Durch Beschluß vom 22.2.1993 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers und damit die Zulässigkeit des Antrags sei schon deshalb zweifelhaft, weil sich dieser nur gegen die Kampfsportgruppe wende, nicht aber gegen die anderen in der Turnhalle gleichfalls trainierenden Sportgruppen, obwohl er selbst nicht behaupte, daß durch die Kampfsportgruppe mehr Lärm und mehr Schmutz verursacht werde als durch die anderen Sportgruppen. Jedenfalls sei der Antrag aber unbegründet, weil die Nutzung der Turnhalle durch die Kampfsport- und Selbstverteidigungsschule nicht mehr störe als eine Massagepraxis. Die Kampfsportschule bringe nicht mehr Publikumsverkehr mit sich als eine in der Turnhalle betriebene Massagepraxis. Dort könnten nämlich ohne weiteres acht Massageliegen nebeneinander untergebracht werden. Bei alledem sei zusätzlich noch zu berücksichtigen, daß Massagetermine üblicherweise stundenweise wechselten, während dies bei Kampfsportgruppen nicht der Fall sei. Nach der Lebenserfahrung könne nicht davon ausgegangen werden, daß Kampfgruppensportler beim Kommen und Gehen lauter sein und mehr Schmutz in das Treppenhaus tragen würden als die Kunden eines Massageinstituts. Abgesehen davon behaupte der Antragsteller selbst nicht, sich etwa durch Kampfschreie oder Wurfgeräusche der Kampfgruppensportler gestört zu fühlen. Er beanstande lediglich, daß entgegen der Regelung in der Teilungserklärung in den Räumen der Antragsgegner eine Kampfsport- oder Selbstverteidigungsschule betrieben werde. Auch hinsichtlich der Öffnungszeiten am Abend bestehe kein Unterschied, ob in der Turnhalle eine Kampfsportschule oder eine Massagepraxis betrieben werde. Weder öffentlich-rechtliche Vorschriften noch Gesichtspunkte, die auf dem Wohnungseigentumsrecht beruhen, stünden der Öffnung einer Massagepraxis wochentags bis 21.00 Uhr entgegen. Im übrigen sei es nicht typisch für Teilnehmer einer Kampfsportschule, daß sie nicht sofort nach Beendigung eines Kurses das Haus verließen, sondern sich dort unter Umständen noch etwas aufhielten. Ein solches Verhalten sei auch bei Kunden eines Massagesalons vorstellbar.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG zu.
a) Die nähere Bezeichnung einzelner Räume des Sondereigentums eines Teileigentümers in der Teilungserklärung als „Massageinstitut” stellt nach allgemeiner Meinung eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar (§ 15 Abs. 1 WEG). Die Räume dürfen grundsätzlich nur als Massageinstitut genutzt werden. Zulässig ist aber auch ein...