Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Beseitung einer Betontreppe; Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands
Verfahrensgang
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen UR II 36/89) |
LG Schweinfurt (Aktenzeichen 1 T 108/89) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller werden die Beschlüsse des Landgerichts Schweinfurt vom 15. März 1991 und des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 27. November 1989 aufgehoben.
II. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die vor seiner Terrasse errichtete Betontreppe zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
III. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner 2/7 der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; die übrigen Gerichtskosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Der Antragsgegner hat auch die den Antragstellern im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; eine weitergehende Kostenerstattung wird nicht angeordnet.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird auf 5 000 DM, der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 7 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Dem Antragsgegner gehört die im Erdgeschoß gelegene Wohnung Nr. 2, den Antragstellern, einem Ehepaar, die darüberliegende Wohnung Nr. 3; im Dachgeschoß befindet sich die Wohnung Nr. 4. Das Wohnungseigentum Nr. 1 liegt in einem angrenzenden Anbau.
Dem Antragsgegner ist in der Gemeinschaftsordnung (GO) das Sondernutzungsrecht an der seiner Wohnung vorgelagerten Terrasse eingeräumt, die oberhalb einer mit Steinen befestigten und bewachsenen Böschung liegt. Der Eingang zu den Wohnungen befindet sich auf der rückwärtigen Hausseite.
In § 3 GO ist bestimmt, daß die Wohnungseigentümer der Wohnungen Nrn. 2, 3 und 4 gemeinschaftlich berechtigt sind, das gemeinschaftliche Eigentum, das den Bereich ihres Sondereigentums unmittelbar umgibt (z. B. Umfassungsmauern, Dachstuhl u.ä.) auf eigene Kosten umzubauen und zu verändern, soweit dadurch das Sondereigentum anderer Wohnungseigentümer oder das tatsächlich gemeinschaftlich genutzte Eigentum oder die notwendige einheitliche äußere Gestaltung der gesamten auf dem Grundstück befindlichen Baulichkeiten nicht beeinträchtigt wird.
Der Antragsgegner errichtete an der Böschung eine Betontreppe zu seiner Terrasse.
Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner zur Beseitigung der Betontreppe und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu verpflichten. Das Amtsgericht hat den Antrag am 27.11.1989 abgewiesen, das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller am 15.3.1991 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Antragsteller könnten die Beseitigung der Treppe nicht verlangen. Die Böschung sei allerdings nicht Teil des Sondernutzungsrechts des Antragsgegners. Auch auf § 3 GO könne sich der Antragsgegner nicht berufen; nach dieser Bestimmung sei die Zustimmung der Eigentümer der Wohnungen Nrn. 3 und 4 erforderlich. Die Zulässigkeit des Treppenbaus richte sich allein nach § 22 WEG. Die Treppe stelle keine optische Beeinträchtigung dar. Das Erscheinungsbild sei auch bisher nicht einheitlich gewesen. Es sei eine parallel zu der Betontreppe verlaufende Treppe vorhanden; dazu kämen deutlich sichtbare Nebengebäude. Die neue Treppe falle angesichts des vorhandenen Zustands kaum ins Gewicht. Andere Nachteile seien nicht ersichtlich. Die Behauptung der Antragsteller, der Antragsgegner wolle seine Besuche über die neue Treppe zu seiner Wohnung heranführen, sei eine durch nichts belegte Unterstellung. Im übrigen sei der Antrag rechtsmißbräuchlich, weil jedenfalls der Antragsteller geäußert habe, der Antragsgegner könne bauen, was er wolle. Auch würden sich die Antragsteller zu ihrem bisherigen Verhalten in Widerspruch setzen, weil sie selbst Nebengebäude errichtet hätten. Schließlich sei die Beschwerde unzulässig, soweit erstmals in der Beschwerdeinstanz ein weiterer Antrag gestellt werde.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Landgericht hat am 24.4.1990 ausweislich der Niederschrift in nichtöffentlicher Sitzung mündlich verhandelt. Dies ist ein Verstoß gegen § 27 FGG i.V.m. § 551 Nr. 6 ZPO. Die mündliche Verhandlung in Wohnungseigentumssachen ist nämlich öffentlich (BayObLGZ 1988, 436). Allerdings hat das Landgericht eine weitere mündliche Verhandlung vom 5.3.1991, wiederum ausweislich der Niederschrift, in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Ob die Entscheidung im Hinblick darauf auf einer Verletzung des § 551 Nr. 6 ZPO beruhen kann, braucht nicht abschließend entschieden zu werden, weil sie aus anderen Gründen keinen Bestand haben kann.
b) Die Errichtung der Betontreppe in der Böschung zur Terrasse stellt eine bauliche Veränderung dar, die keine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaft...