Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Ungeachtet des grundsätzlichen Gleichlaufs von materiellem Recht und Verfahrensrecht setzt § 2369 Abs. 1 BGB lediglich voraus, dass Nachlassgegenstände im Inland vorhanden sind. Auf deren Wert kommt es nicht an
2. Auch wenn der gegenständlich beschränkte Erbschein das Vorhandensein von Inlandsvermögen voraussetzt, bezeugt er ausschließlich die Erbfolge, nicht aber den Bestand des Vermögens.
Normenkette
BGB § 2369
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 05.07.1994; Aktenzeichen 16 T 3744/94) |
AG München (Beschluss vom 21.01.1994; Aktenzeichen 69 VI 7566/92) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 21. Januar 1994 und des Landgerichts München I vom 5. Juli 1994 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht München zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Der in München, seinem letzten Wohnort, im Alter von 72 Jahren verstorbene Erblasser war österreichischer Staatsangehöriger. Aus seiner im Jahr 1947 geschlossenen und im Jahr 1978 in Anwendung österreichischen Rechts geschiedenen Ehe mit der Beteiligten zu 1, die ebenfalls die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, stammt der Beteiligte zu 3. Seit 3.3.1978 war der Erblasser mit der Beteiligten zu 2 verheiratet.
In einem vor einem Notar in Berlin errichteten gemeinschaftlichen Testament vom Jahr 1949 hatten sich der Erblasser und die Beteiligte zu 1 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Es wurde beim Amtsgericht Charlottenburg amtlich verwahrt und von diesem eröffnet. Ein weiteres eigenhändiges Testament des Erblassers vom Jahr 1978, in dem er die Beteiligte zu 2 zur Alleinerbin eingesetzt hatte, wurde beim Amtsgericht München amtlich verwahrt. Nachdem es ihm am 31.7.1984 zurückgegeben worden war, änderte der Erblasser das Ausstellungsdatum auf diesen Tag, worauf es am selben Tag erneut in die amtliche Verwahrung des Amtsgerichts München gegeben wurde. Eine Eröffnung dieses Testaments lehnte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts München ab, weil dieses international nicht zuständig sei. Mangels eines inländischen Nachlasses komme die Erteilung eines Fremdrechtserbscheins nicht in Betracht. Es ist nicht festgestellt, ob in Österreich, wo der Erblasser keinen Wohnsitz hatte, eine „Verlassenschaftsabhandlung” stattgefunden hat. Eine „Erbserklärung” nach österreichischem Recht ist von der Beteiligten zu 2 bis jetzt nicht abgegeben worden.
Während die Beteiligte zu 2 erklärt hatte, sie benötige keinen Erbschein, beantragte die Beteiligte zu 1 beim Nachlaßgericht München „einen Erbschein”, weil sie die geschiedene Ehefrau des Erblassers und im Besitz eines vollstreckbaren Unterhaltstitels sei. Das Familiengericht München hatte den Erblasser rechtskräftig verurteilt, der Beteiligten zu 1 ab April 1987 einen Ehegattenunterhalt von monatlich 1.000 DM zu bezahlen. Auf Anfrage des Nachlaßrichters teilte die Beteiligte zu 1 mit, der Erblasser habe in München ein Bankkonto unterhalten und eine Lebensversicherung abgeschlossen gehabt. Außerdem habe er ein Auto sowie Bilder, Möbel und Teppiche besessen. Die Beteiligte zu 2 hingegen erklärte, der Erblasser sei vermögenslos gewesen. Sein gesamtes Inventar habe er ihr bereits 1966 mit Schenkungsurkunden „vermacht”. Mit Verfügung vom 26.8.1993 bat der Nachlaßrichter die Beteiligte zu 1, ihren Erbscheinsantrag zu „präzisieren”. Hierauf teilte die Beteiligte zu 1 mit, sie sei vom Familiengericht aufgefordert worden, einen Erbschein zu beantragen.
Mit Beschluß vom 21.1.1994 wies der Nachlaßrichter den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Antrag unzulässig sei. Die Erbfolge beurteile sich nach österreichischem Recht. Voraussetzung für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins gemäß § 2369 BGB sei das Vorhandensein eines inländischen Nachlasses, was die Beteiligte zu 1 konkret hätte dartun müssen. Sie habe aber nur Vermutungen aufgestellt und erklärt, nicht informiert zu sein. Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 1 „Einspruch” ein, mit dem sie erneut vortrug, der Erblasser habe verschiedene Vermögensgegenstände besessen und sei insbesondere Inhaber eines Bankkontos gewesen. Diese Angaben wurden von der Beteiligten zu 2 bestritten. Der Erblasser habe lediglich eine alte Foto- und Filmausrüstung hinterlassen. Das Landgericht wies die Beschwerde am 5.7.1994 zurück und setzte den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 2.000 DM fest. Gegen diese Entscheidung richtet sich die zu Protokoll der Geschäftsstelle des Bayerischen Obersten Landesgerichts eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Nachlaßgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Beschwerde sei unbegründet, und zwar ungeachtet der Frage, ob inländischer Nachlaß vorhanden sei oder nicht....