Entscheidungsstichwort (Thema)
Nacherbschaft
Leitsatz (amtlich)
Ein Nacherbenvermerk kann dann gelöscht werden, wenn eine Bewilligung der Nacherben und etwa vorhandener Ersatznacherben vorliege oder der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs geführt ist.
Normenkette
GBO § 22 Abs. 1, § 51
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 03.08.1999; Aktenzeichen 4 T 2945/97) |
AG Kaufbeuren |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. August 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf jeweils 50.000 DM festgesetzt; der Beschluß des Landgerichts wird in Nr. 3 entsprechend abgeändert.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 1 und ihr Ehemann, waren als Miteigentümer je zur Hälfte eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Die Ehegatten schlossen am 5.1.1994 einen Erbvertrag. In Abschnitt 3 stellten sie fest, ihr wesentliches Vermögen bestehe aus dem ihnen je zur Hälfte gehörenden Anwesen; der Ehemann habe darüber hinaus weiteres Geldvermögen. Abschnitt 4 lautet:
Sterbe ich, der Ehemann, als erster, so ist meine Ehefrau meine Vorerbin, die von keinerlei Beschränkungen befreit ist (unbefreite Vorerbin).
Nacherben sind meine Kinder aus erster Ehe, H. F. (Beteiligter zu 2) und G. F. (Beteiligter zu 3) je zur Hälfte, ersatzweise deren Abkömmlinge unter sich zu gleichen Teilen nach Stämmen, ersatzweise der Überlebende von beiden.
Der Nacherbfall tritt mit dem Tode der Vorerbin ein. Im übrigen gelten für diese Anordnung der Vor- und Nacherbschaft die gesetzlichen Bestimmungen.
Im Wege eines
Vorausvermächtnisses
bestimme ich, daß meine Ehefrau die gesamten zum Zeitpunkt meines Todes in meinem Eigentum stehenden beweglichen Gegenstände einschließlich des gesamten Geldes im weitesten Sinne (Bargeld, Bankguthaben, Sparguthaben, Aktien, Pfandbriefe, Forderungen u.ä.) erhält.
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- …
Sterbe ich, die Ehefrau, als letzte, so sind meine alleinigen und ausschließlichen Erben die Kinder meines Ehemannes H. F. und G. F. je zur Hälfte, ersatzweise deren Abkömmlinge unter sich zu gleichen Teilen nach Stämmen, ersatzweise der Überlebende von beiden.
…
Abschnitt 7 lautet:
Über die wesentlichen erbrechtlichen Bestimmungen, insbesondere das Pflichtteilsrecht meiner, des Ehemanns, Kinder aus erster Ehe, wurden wir eingehend belehrt, ebenso über die Bindungswirkung dieses Erbvertrages.
Nach dem Tod des Ehemanns (im folgenden: Erblasser) am 27.4.1994 wurde die Beteiligte zu 1 als Alleineigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. In Abteilung II wurde vermerkt:
Es ist Nacherbfolge angeordnet. Nacherben … sind a) F. H. … (Beteiligter zu 2),
b) F. G. … (Beteiligter zu 3).
Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherben; ersatzweise der Überlebende der Nacherben. Die Nacherbfolge tritt ein: beim Tod des Vorerben.
Die Beteiligten zu 2 und 3 schlugen die Nacherbschaft aus. Die Beteiligte zu 1 hat unter Vorlage des Erbvertrags und der notariell beglaubigten Ausschlagungserklärungen beim Grundbuchamt die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt. Dazu hat sie ausgeführt, die Söhne des Erblassers hätten ihren Pflichtteil verlangt und ausgezahlt erhalten. Mit der Ausschlagung der Nacherbschaft zwecks Geltendmachung des Pflichtteilsrechts sei die Einsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 zu Nacherben und ihrer Abkömmlinge zu Ersatznacherben entfallen. Das Grundbuch sei dadurch unrichtig geworden.
Das Grundbuchamt hat den Antrag am 27.10.1997 abgewiesen. Die Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten zu 1, der Grundbuchrechtspfleger und Grundbuchrichter nicht abgeholfen haben, hat das Landgericht mit Beschluß vom 3.8.1999 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, der die Beteiligten zu 2 und 3 entgegentreten.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Ein Nacherbenvermerk könne gelöscht werden, wenn eine Bewilligung der Nacherben und etwa vorhandener Ersatznacherben vorliege oder der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs geführt sei. An die Führung des Nachweises seien strenge Anforderungen zu stellen. Wo ein formgerechter Nachweis ohne besondere Schwierigkeiten möglich sei, dürfe das Grundbuchamt nicht davon absehen, Urkunden zu verlangen. Die Ausschlagung der Nacherbschaft könne nicht ohne weiteres zur Löschung des Nacherbenvermerks führen. Maßgebend sei, ob die Beteiligte zu 1 nunmehr Vollerbin geworden sei oder ob der Erblasser etwas anderes bestimmt habe. Dies komme insbesondere bei der Berufung von Ersatznacherben in Betracht. Der Wille des Erblassers sei zu erforschen. Dabei sei zu prüfen, ob der Erblasser ein Nachrücken der Abkömmlinge des Ausschlagenden gewollt habe oder nicht und ob das Pflichtteilsverlangen der ausschlagenden Nacherben unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des Familienvermögens oder unter dem Gesichts...