Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Auslegung von Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung durch Rechtsbeschwerdegericht
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1) bis 5) gegen den Beschluß des Landgerichts München II von 27. Mai 1981 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner zu 1) bis 5) haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Von einer Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird auch für diesen Rechtszug abgesehen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 800 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der aus vier Häusern mit insgesamt zwölf Wohnungen und einem ebenerdigen Garagengebäude bestehenden Wohnanlage … in … … Verwalterin ist R. St … in …
Nach Teil I § 4 Nr. 2 Buchst. d der Teilungserklärung (TE) vom 27.7.1971 sind die zu den einzelnen Wohnungen – so auch zu den Wohnungen W. und H. – gehörenden Balkone Gegenstand des Sondereigentums. Hinsichtlich zweier zusätzlicher, im Gemeinschaftseigentum stehender Balkone enthält Teil I § 4 Nr. 4 TE folgende „Nutzungsregelung”:
„Die Nutzung der beiden über dem Hauseingang der Häuser … Nr. 1 und 3 gelegenen, im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkone, die auf dem Aufteilungsplan II grünfarbig und mit G bezeichnet dargestellt sind, wird dergestalt geregelt, daß
- der Balkon im Haus … Nr. 1 dem jeweiligen Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 2 im Obergeschoß dieses Hauses als Balkon zur alleinigen und ausschließlichen Benützung zur Verfügung steht,
- der Balkon im Haus … Nr. 3 dem jeweiligen Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 2 im Obergeschoß dieses Hauses als Balkon zur alleinigen und ausschließlichen Benützung zur Verfügung steht.
Die jeweiligen Nutzungsrechtsinhaber sind allein zur Unterhaltung, Sauberhaltung und Erhaltung des jeweiligen Balkones verpflichtet.
Vorstehende Nutzungsregelung ist Teil der Gemeinschaftsordnung und damit auch Teil des begründeten Wohnungseigentums.”
Teil II § 4 Nrn. 1, 5, 6 Abs. 1 TE lauten:
„1. Die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes einschließlich der äußeren Fenster und des Grundstücks obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Sie ist vom Verwalter durchführen zu lassen. Klappläden und Rolläden, Loggien, Balkone und Balkontüren sind, auch wenn sie zum Sondereigentum gehören, in bezug auf den Anstrich bzw. Verputz wie gemeinschaftliches Eigentum zu behandeln.
…
5. Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der im Sondereigentum stehenden Räume hat jeder Wohnungseigentümer selbst zu tragen. Die Instandhaltung und Instandsetzung der gemeinschaftlichen Hausteile, Anlagen und Einrichtungen und des Grundstücks einschließlich solcher nach Ziffer 1., 3. Satz obliegt den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich; die Kosten hierfür gehen zu Lasten der Instandhaltungsrücklage.
6. Im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Teile des Gebäudes und Grundstücks nebst Fenstern und Abschlußtüren dürfen die Wohnungseigentümer insbesondere hinsichtlich des Außenanstrichs nicht eigenmächtig verändern.”
Nach Teil II § 5 Nr. 1 Abs. 3 TE bedürfen Änderungen an der äußeren Gestalt und Farbe des Gebäudes einschließlich der Balkone eines Beschlusses der Wohnungseigentümer.
2. In der Eigentümerversammlung vom 20.11.1979 wurde mit einer Stimmenmehrheit von sieben zu zwei beschlossen, daß die Kosten von Renovierungen der zusätzlichen zwei Balkone in den Häusern 1 und 3 von der Eigentümergemeinschaft zu tragen seien.
Dieser Eigentümerbeschluß wurde auf Antrag der Wohnungseigentümer H. und E. Sch … durch – rechtskräftig gewordenen – Beschluß des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 17.3.1980 für ungültig erklärt (2 UR II 33/79).
3. Mit Schriftsatz vom 22./29.4.1980 beantragte der Antragsteller (J. W.) im vorliegenden Verfahren, festzustellen, daß bei Renovierungen der – von den Wohnungseigentümern W. und H. genutzten – zusätzlichen Balkone in den Häusern 1 und 3 die Kosten des Anstrichs und des Verputzes dieser Balkone von der Eigentümergemeinschaft zu tragen seien.
Durch Beschluß vom 28.7.1980 wies das Amtsgericht Wolfratshausen den Antrag ab und überbürdete dem Antragsteller die Gerichtskosten; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ordnete das Amtsgericht nicht an.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegner zu 1) bis 5) entgegentraten, erließ das Landgericht München II am 27.5.1981 folgenden Beschluß:
„1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 28.7.1980 aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, daß der Balkon im Haus … 1, an dem zugunsten des jeweiligen Wohnungseigentümers der Wohnung Nr. 2 ein Sondernutzungsrecht besteht, und der Balkon im Haus … 3, an dem zugunsten des jeweiligen Wohnungseigentümers der Wohnung Nr. 2 ein Sondernutzungsrecht besteht, in bezug auf den Anstrich bzw. Verputz wie gemeinschaftliches Eigentum zu behandeln sind.
3. Von den Gerichtskosten...