Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung, die den Eintritt der Nacherbfolge daran anknüpft, daß die Vorerbin eine andere Person in ein zum Nachlaß gehörendes Anwesen einläßt.
2. Zur Frage, ob besondere Umstände gemäß § 242 BGB der Geltendmachung des Erbrechts entgegenstehen.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; BGB §§ 138, 162 Abs. 2, §§ 242, 2139
Verfahrensgang
AG Forchheim (Aktenzeichen VI 0073/84) |
LG Bamberg (Aktenzeichen 3 T 17/00) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 5. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 211.200,– festgesetzt.
Gründe
I.
Die verwitwete Erblasserin ist 1984 verstorben. Aus ihrer Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die Beteiligte zu 1 (Elfriede S.) und der vorverstorbene S. Die Beteiligte zu 2 (Karin S.) ist die Tochter der Beteiligten zu 1. Der Beteiligte zu 3 ist ein Sohn des vorverstorbenen S.
Am 17.11.1977 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, das in Ziffer II folgende Bestimmung enthält:
„Ich setze hiermit meine Tochter (Beteiligte zu 1) zu meiner Erbin ein.
Meine Tochter ist jedoch nur Vorerbin. Nacherbin ist ihre Tochter (Beteiligte zu 2) ersatzweise deren Abkömmlinge nach der gesetzlichen Erbfolge.
Die Nacherbfolge tritt ein mit dem Ableben der Vorerbin. Von den Beschränkungen der Nacherbfolge ist die Vorerbin nicht befreit.”
In einem notariellen Nachtrag vom 16.3.1982 zum Testament vom 17.11.1977 verfügte die Erblasserin bezüglich Ziffer II folgende Änderung:
„Ich habe in meinem Testament Nacherbfolge angeordnet; und zwar ist meine Tochter Vorerbin. Nacherben sind nunmehr (Beteiligter zu 3) und Karin S. (Beteiligte zu 2) als Berechtigte je zur Hälfte.
Die Nacherbfolge tritt ein mit dem Ableben der Vorerbin oder auch dann, wenn die Vorerbin Herrn A in das Haus Nr. 63 einläßt.
Im übrigen bleibt Ziffer II des Testaments unverändert.”
Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragten unter Hinweis darauf, daß A in das Haus Nr. 63 eingelassen worden sei, die Erteilung eines Erbscheins, der sie jeweils zur Hälfte als Erben der Erblasserin ausweisen sollte. Antragsgemäß erteilte das Amtsgericht am 25.1.2000 einen Erbschein, wonach die Erblasserin mit dem durch das Einlassen des A in das Haus seitens der Vorerbin spätestens am 31.5.1984 eingetretenen Nacherbfall von den Beteiligten zu 2 und 3 jeweils zur Hälfte beerbt worden ist.
Die hiergegen von der Beteiligten zu 1 mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins vom 25.1.2000 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 5.5.2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die den Eintritt des Nacherbfalls betreffende Klausel im Testamentsnachtrag vom 16.3.1982 sei nicht sittenwidrig. In die Entscheidungsfreiheit der Vorerbin werde mit der Nacherbenklausel nicht unangemessen eingegriffen. Insbesondere lasse die Klausel der Beteiligten zu 1 die Möglichkeit einer Heirat mit A offen, weil der Eintritt der Nacherbfolge nicht von einer Eheschließung abhängig sei. Ob A das Anwesen schon vor dem Tod der Erblasserin mit deren Einwilligung betreten habe, könne offen bleiben, da für den Willen der Erblasserin von dem bis zu ihrem Tode unveränderten Testamentsnachtrag vom 16.3.1982 auszugehen sei. Soweit die Beteiligte zu 1 vorgetragen habe, der Geltendmachung des Erbrechts des Beteiligten zu 3 stehe entgegen, daß dieser A in das Anwesen eingelassen habe, sei dies für das Erbscheinsverfahren ohne Bedeutung, da im Erbscheinsverfahren lediglich zu prüfen sei, wer Erbe bzw. Nacherbe geworden ist.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).
a) Nach den mit der weiteren Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist A spätestens am 31.5.1984 von der Beteiligten zu 1 in das Haus Nr. 63 eingelassen worden. Das Landgericht hat dies zutreffend als das den Eintritt der Nacherbfolge auslösende Ereignis gemäß der von der Erblasserin getroffenen Bestimmung im notariellen Nachtrag vom 16.3.1982 zum Testament vom 17.11.1977 bewertet.
Die einschlägige den Eintritt der Nacherbfolge betreffende Testamentsbestimmung ist wirksam. Die Regelung verstößt unter Berücksichtigung der Grenzen, welche die Wertordnung des Grundgesetzes im Rahmen der Generalklausel des § 138 BGB für rechtsgeschäftliches Handeln zieht, nicht gegen die guten Sitten.
Auszugehen ist von der Testierfreiheit des Erblassers als bestimmendem Element der von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Erbrechtsgarantie. Sie ist als Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Tod hinaus eng mit der Garantie des Eigentums verknüpft und genießt wie diese als Element der Sicherung der persö...