Entscheidungsstichwort (Thema)
Vor- und Nacherbschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine gestufte Nacherbfolge kann in rechtlich zulässiger Weise angeordnet werden. Es ist anerkannt, daß der Erblasser mehrere Nacherben hintereinander einsetzen kann.
2. In diesem Fall erhält der Nacherbe, der mit Eintritt des Nacherbfalls an die Stelle des Vorerben tritt, gegenüber den weiteren Nacherben jeweils die Stellung eines Vorerben.
Normenkette
BGB § 2100
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 60 VI 5253/89) |
LG München I (Aktenzeichen 16 T 21053/95) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 140 000 DM festgesetzt wird.
II. Die Beteiligte zu 3 hat den Beteiligten zu 1 und 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 140 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die am 28.5.1989 verstorbene Erblasserin war verwitwet. Aus ihrer Ehe stammen zwei Kinder, eine Tochter, die Beteiligte zu 1, und ein Sohn. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind die Kinder der Beteiligten zu 1 und Enkel der Erblasserin. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus zwei Hausgrundstücken in München.
Die Erblasserin hat ein privatschriftliches Testament vom 15.3.1988 hinterlassen, durch das ein früheres Testament vom 17.3.1983 ersetzt worden ist. Darin ist zur Erbfolge folgendes bestimmt:
1. Meine beiden Kinder … sollen meine Erben sein.
2. Bedingung ist: Keiner meiner beiden Kinder kann seinen Lebensgefährten etwas vererben.
3. Es darf von den Häusern keines verkauft oder verschuldet werden und müssen immer in guten Zustand gehalten werden.
4. Meinen beiden Enkelkindern … (Beteiligte zu 2 und 3) sind Nacherben und müssen je eine Wohnung … Mietefrei erhalten …
7. Dieses Testament soll bis zur 5. Generation nur an Familienangehörige so vererbt werden, Angeheiratete oder Adoptivkinder haben keinen Anspruch.
8. Da mein Sohn … kinderlos ist, soll sein Erbe im Falle seines Ablebens, auf seine Schwester … (Beteiligte zu 1) und deren Kinder zurückgehen.
Am 4.9.1989 hat das Nachlaßgericht einen Erbschein erteilt, wonach die Erblasserin je zur Hälfte von ihren Kindern als Vorerben beerbt worden ist. Für den Erbteil des Sohnes weist der Erbschein die Beteiligte zu 1 als Nacherbin aus; die Beteiligten zu 2 und 3 sind für den Erbteil der Beteiligten zu 1 als Nacherben, für den Erbteil des Sohnes als weitere Nacherben nach der Beteiligten zu 1 aufgeführt. Nach dem Tod des Sohnes am 13.7.1995 hat das Nachlaßgericht diesen Erbschein eingezogen.
In Fortführung der dem früheren Erbschein zugrundeliegenden Testamentsauslegung hat die Beteiligte zu 1 einen Erbschein beantragt, der sie als alleinige Vorerbin, die Beteiligten zu 2 und 3 als Nacherben für den Fall des Todes der Vorerbin ausweisen soll. Demgegenüber vertritt die Beteiligte zu 3 die Auffassung, daß sie, die Beteiligte zu 1 und der Beteiligte zu 2 nach dem Tod des Sohnes hinsichtlich des zunächst diesem angefallenen Erbteils zu gleichen Teilen Erben geworden seien. Sie hat daher einen Erbschein beantragt, der die Beteiligte zu 1 als Erbin 4/6, die Beteiligten zu 2 und 3 als Erben zu je 1/6 ausweisen soll, wobei hinsichtlich des gesamten Erbteils der Beteiligten zu 1 Nacherbschaft zugunsten der Beteiligten zu 2 und 3 angeordnet sein soll. Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 13.10.1995 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 3 hat das Landgericht mit Beschluß vom 8.1.1996 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 3 weitere Beschwerde eingelegt. Sie verfolgt ihren Erbscheinsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist in der Hauptsache nicht begründet. Das Landgericht hat hinsichtlich des Erbscheinsantrags rechtsfehlerfrei entschieden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Lediglich der für das Beschwerdeverfahren festgesetzte Geschäftswert ist abzuändern.
1. Gegenstand des Streits der Beteiligten ist allein die Frage, wie Abschnitt 8 des Testaments die Erbfolge für den Erbteil des Sohnes nach dessen Tod regelt. Das Nachlaßgericht und das Landgericht haben das Testament dahin ausgelegt, daß die Erblasserin eine Erbfolge nach Generationen angeordnet habe. Daher sei nach dem Tod des Sohnes die Beteiligte zu 1 auch hinsichtlich dieses Anteils alleinige Vorerbin geworden. Ihre Kinder, die Beteiligten zu 2 und 3, seien lediglich zu ihren Nacherben berufen. Dies ist aus Rechtsgründen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht zu beanstanden.
a) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, daß Abschnitt 8 des Testaments der Auslegung fähig und bedürftig ist. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3 ist der von der Erblasserin gewählte Wortlaut nicht eindeutig. Die Vorinstanzen haben zu Recht darauf hingewiesen, daß die Formulierung „auf seine Schwester … und deren Kinder zurückgehen” durchaus auch im Sinn einer mehrstufigen Erbfolge nach Generationen verstan...