Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschein
Leitsatz (amtlich)
Im Interesse des Rechtsverkehrs, zu dessen Erleichterung der Erbschein dient, ist bei einem Wechsel in der Person des Nacherben der Erbschein einzuziehen, da dieser unrichtig ist.
Normenkette
BGB § 2361 Abs. 1, § 2363 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.08.1997; Aktenzeichen 16 T 13605/97) |
AG München (Aktenzeichen 63 VI 244/61) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 20. August 1997 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat dem Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 100.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die verwitwete Erblasserin ist 1961 im Alter von 82 Jahren verstorben. Ihre 1940 vorverstorbene Tochter hatte zwei Kinder, den Sohn A (Beteiligter zu 1) und die Tochter B. Der Beteiligte zu 2 ist der Sohn der Tochter B und, nachdem diese 1996 verstorben ist, deren Alleinerbe. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem Grundstück. Das darauf errichtete Haus war im Krieg zerstört und nach dem Krieg mit Hilfe (auch) des Beteiligten zu 1 wieder aufgebaut worden.
In einem Testament aus dem Jahr 1951 hatte die Erblasserin ihre Enkelkinder zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, daß die Enkelin B Nacherbin des Enkels A sein solle, falls dieser vor ihr versterbe. In einem notariellen Testament vom 26.1.1954 hatte sie, im wesentlichen übereinstimmend mit der früheren Verfügung, die Enkel A und B zu Erben nach gleichen Teilen eingesetzt und als Ersatzerben für B deren Abkömmlinge bestimmt. Außerdem hatte sie hinsichtlich des Enkels A Nacherbfolge angeordnet und zur Nacherbin die Enkelin B eingesetzt. Die Nacherbfolge sollte eintreten, wenn der Enkel A ohne Hinterlassung leiblicher Abkömmlinge vor oder nach der Erblasserin versterben sollte. Zuletzt hat die Erblasserin in zwei wörtlich übereinstimmenden handschriftlichen Testamten jeweils vom 20.3.1958 folgendes verfügt:
„Zu Universalerben setze ich meine Enkel A und B ein. Von geringfügigen Kleidungs- und Wäschestücken sowie Einrichtungsgegenständen abgesehen, besteht mein Nachlaß aus dem Ruinengrundstück im Grundbuch für …. Das darauf erbaute Wohnhaus … mit Garage gehört jedoch nicht zu meinem Nachlaß, da es aus einem aufgenommenen Darlehen von 7.000 DM … und sonst ausschließlich aus Mittel meiner vorgenannten Enkelkinder erbaut worden ist. Dafür, daß dieselben mich seit der Währungsumstellung im Jahr 1948 völlig erhalten und mit Bargeld unterstützt haben, steht denselben eine Forderung gegen meinen Nachlaß zu, die ich hiermit ausdrücklich anerkenne.”
Das Nachlaßgericht hat am 27.1.1961 auf Antrag der beiden Enkel einen Erbschein erteilt, der folgende Erbfolge ausweist: Die Erblasserin ist aufgrund Testaments von ihren beiden Enkeln je zur Hälfte beerbt worden; für den Anteil des Enkels A ist Nacherbfolge angeordnet für den Fall, daß der Vorerbe ohne Hinterlassung von leiblichen Abkömmlingen stirbt; Nacherbe ist die Enkelin B, ersatzweise deren Abkömmlinge.
Nach dem Tod der Enkelin B hat der Beteiligte zu 1 am 8.1.1997 die Einziehung des Erbscheins angeregt. Außerdem hat er einen neuen Erbschein beantragt, der ihn und B jeweils zur Hälfte als Vollerben ausweisen soll. Er ist der Auffassung, daß durch die Testamente vom 20.3.1958 die Erbfolge abschließend neu geregelt worden sei. Von der Anordnung einer Nacherbschaft sei in diesen Verfügungen nicht die Rede.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 14.1.1997 den Erbschein vom 27.1.1961 als unrichtig eingezogen. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 17.7.1997 dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde mit Beschluß vom 20.8.1997 zurückgewiesen und angeordnet, daß der Beteiligte zu 2 dem Beteiligten zu 1 die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten habe. Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens hat es auf 100.000 DM festgesetzt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. Bisher sind noch nicht alle Erbscheinsausfertigungen an das Nachlaßgericht zurückgegeben.
Entscheidungsgründe
II.
1. Da die Einziehung des Erbscheins vom 27.1.1961 bisher nicht vollständig durchgeführt ist, ist die weitere Beschwerde mit dem Ziel statthaft, die Einziehungsanordnung aufzuheben (BayObLG FGPrax 1997, 153). Sie ist auch im übrigen zulässig. Insbesondere ist durch den neuen Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 die Einziehung des früheren Erbscheins nicht gegenstandslos geworden. Vielmehr setzt die Erteilung eines neuen Erbscheins die Einziehung dieses widersprechenden Erbscheins voraus (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 986/988). Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2 ergibt sich bereits aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde (vgl. BayObLG...